Der „abgeschnittene Berg“ in Schonungen: Busfahren war gestern für ganz viele betroffene Bürger

SCHONUNGEN – Im Schweinfurter Stadtrat am Dienstag war´s am Rande ein Thema, auch wenn es eine Gemeinde im Landkreis betrifft. In Schonungen fuhr die Buslinie 71 mit dem Namen Mainblick fünf Haltestellen oben auf dem Berg nördlich des Mains an. Eingestellt! Hier wohnen viele ältere Bürger, die nun abgehängt sind und die mit dem ÖPNV nicht mehr nach Schweinfurt oder ins Dorf kommen.

Schonungen ist an sich toll: Man erreicht mit dem Bus, aber auch mit dem Zug von hier aus eigentlich alle Ziele. Allerdings nun nur noch vom Tal aus. Zum Berg hoch führen bis zu 200 Treppenstufen oder teils mehr. Gerade für die Über-80-Jährigen ist das Hochlaufen nicht zumutbar. Schon gar nicht mit vollen Einkaufstüten. Schön, dass der Bus dafür nun ins neue Gewerbegebiet mit Aldi und Edeka fährt…

Günter Weger wohnt am Schrotberg, auch er kennt den Grund für die Einstellung der „Bergfahrt“. Die Stadtwerke und deren Verkehrsbetriebe bestehen darauf, auf einer und der gleichen Strecke hinwärts und dann auch wieder zurück fahren zu können. Was in Schonungen auf dem Berg nicht möglich ist.

Gar nicht mal angesichts der meist beiderseits parkenden Autos. Sondern weil die Stadtwerke beim neuen Konzept auf eine Einmallinie setzen mit einem Endpunkt. Und als solcher wurde der Tiefe Graben auserkoren, wo die Busse teils länger warten, um dann über den Roßmarkt im 30 Minuten-Takt direkt nach Dittelbrunn weiter zu fahren. Für die Route über den Berg bleibt da auch gar keine Zeit.

„Diese Ideologie nimmt keine Rücksicht auf die Menschen hier in Schonungen, ein ganzer Ortsteil ist einfach abgeschnitten“, klagt Weger und hat ein Schreiben mit Fakten an die Stadtwerke Schweinfurt gesendet. Eine Reaktion aus der Bodelschwinghstraße gab´s am Mittwoch. Hier ist erstmal das Schreiben von Günter Weger im Wortlaut:

„Sehr geehrte Herren Kästner und Hrnjak,
sehr geehrte Damen und Herren,

dem Wegfall der ehemaligen Linie 71 Mainblick (Schonungen) widerspreche ich hiermit, auch im Namen vieler Anwohner (wie bereits telefonisch mitgeteilt).

Die Einstellung der Linie 71 Mainblick ist weder sozial noch ökologisch und steht im Widerspruch der (politisch geforderten) Förderung des ÖPNV. Neue Konzepte dürfen nicht ideologisch auf Kosten der Bürger ausgetragen werden, die somit auf der Strecke bleiben. Systeme haben den Menschen zu dienen und nicht theoretisch am Reißbrett entworfen, bestimmt und durchgezogen werden (ohne Rücksicht auf Verluste).

Zu einzelne Aspekten der derzeit nicht mehr existierenden Linie 71 Mainblick:

  1. Bisher waren dies 15 Fahrten täglich. Dafür fahren jetzt die Busse 42-mal (in Worten zweiundvierzig) über das Schulzentrum (ab 5.11 Uhr bis 21.16 Uhr). Manchmal sind zwei Busse gleichzeitig auf der Strecke Rathaus (Schonungen) und Schulzentrum (Schonungen) und zurück unterwegs.
  2. Bei einem Umlauf, also Fahrt vom Steinweg (Schonungen) nach Schweinfurt und zurück zum Steinweg (Schonungen), fahre ich jeweils über das Schulzentrum, somit ca. 15 Minuten nicht sinnvoll rauf und runter und (durch die Einstellung der Linie 71 Mainblick) mit ca. 30 Minuten Laufwege, also insgesamt somit ca. 45 Minuten mehr Unterwegssein bei einem Umlauf als bisher!
  3. Für die bisherigen 400 Meter vom Bahnhof (Schonungen) nach Steinweg (Schonungen) sind jeweils sieben Minuten zusätzlich für die einfache Fahrt nötig statt bisher eine Minute dann über das Schulzentrum.
  4. Die Anzahl der Busse an der Haltestelle Steinweg (Schonungen) wurde von 34 (einschließlich 15 vom Mainblick) auf 21 reduziert.

Ich freue mich auf ein persönliches Gespräch (gerne auch mit weiteren Entscheidungsträgern), wo wir gemeinsam eine Lösung für die Bürger am Mainblick erarbeiten können.

Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Günter Weger“

Die Stadtwerke antworteten ausführlich in Person von Mirko Hrnjak, dem Leiter Personenverkehr und Fahrzeugtechnik. Begründet wurde die Streichung der Linie damit, dass der Bus weder vom Steinweg in die Hauptstraße Richtung Gewerbegebiet abbiegen kann noch rückwärts. Hier ist die Kurve einfach zu eng. Statt 37 Fahrten sind es nun immerhin noch 32 täglich, jeweils im geregelten 30 Minuten-Takt.

Trotz einer ausführlichen Resonanz, die seitens der Stadtwerke Schweinfurt kein Angebot auf ein Gespräch vor Ort enthält, bleibt es dabei: Wer wie Günter Weger oben am Berg in Schonungen wohnt, ist – falls ohne Auto oder schlecht zu Fuß – von der Außenwelt nun nahezu abgeschnitten.

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