BAD KÖNIGSHOFEN – Paukenschlag im Grabfeld: Auf die Negativserie in der Tischtennis-Bundesliga hat Schlusslicht TSV Bad Königshofen reagiert und mit Xue Fei einen Nationalspieler Chinas verpflichtet.
„Nach zwei Spielzeiten, in denen wir jeweils das Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft erreicht haben, befinden wir uns zwei Spieltage vor Abschluss der Vorrunde aktuell auf dem zwölften und damit letzten Tabellenplatz. Diese schwierige sportliche Lage ist vor allem darauf zurückzuführen, dass wir im Gegensatz zu nahezu allen anderen Vereinen nur mit vier Spielern in die Saison gestartet sind. Zusätzlich haben wir mit Jin Ueda unseren Einser verloren, der bekanntlich seine Karriere beendet hat. Eine klar besetzte Nummer eins fehlt uns seitdem – und so haben wir in dieser Spielzeit bislang noch kein Einzel gegen den jeweiligen Topspieler unserer Gegner gewonnen. In einer derart leistungsstarken Bundesliga wiegt diese Hypothek schwer, da wir realistisch betrachtet nahezu jedes Spiel mit 0:2 beginnen“, heißt es seitens des Vereins.
Nach der anhaltenden Talfahrt und einem Saisonstart mit 2:10 Punkten bis Mitte Oktober begann Geschäftsführer Sport Andy Albert sehr frühzeitig damit, mögliche Handlungsoptionen auszuloten. Nach dem Duell gegen Saarbrücken und der großen Resonanz rund um Fan Zhendong war ihm klar: Die Ausländerposition außerhalb der EU ist beim TSV noch vakant – und sollte nach Möglichkeit mit einem chinesischen Spieler besetzt werden, um einem drohenden Abstieg zu entgehen. Ausschlaggebend war nicht zuletzt der enorme Zuwachs an Reichweite in social media in China: Seit dem Start des Weibo-Kanals im September haben die Grabfelder innerhalb von nur vier Wochen über 100.000 Follower gewonnen. Diese Entwicklung bestärkte den TSV darin, alle Wege – sportlich wie finanziell – zu prüfen und den Kontakt zum chinesischen Tischtennisverband zu suchen.
Hier kam Fu Yong ins Spiel, ehemaliger Weltklassespieler und früherer Trainer in Ochsenhausen. Heute arbeiten er und seine Frau Bei Fu Yang 20 Kilometer von Bad Königshofen entfernt bei ESN in Hofheim, einem der weltweit größten Hersteller von Tischtennisbelägen. Beide verfügen über exzellente Verbindungen bis in die Chefetage des chinesischen Tischtennisverbandes. Dank dieser Kontakte gelang es ihnen, für den TSV die Freigabe des chinesischen Nationalspielers Xue Fei zu erreichen. Dies war noch vor einem Jahr (bis zum Wechsel von Fan Zhendong nach Saarbrücken) undenkbar.
Xue Fei feierte bereits im Nachwuchsbereich internationale Erfolge: 2012 gewann er Silber bei der Jugend-Asienmeisterschaft, 2013 folgten Bronze sowie ein Mannschaftstitel. 2014 holte er bei der Jugend-Weltmeisterschaft Bronze im Einzel und Mixed sowie Gold im Doppel. 2015 wurde er Jugend-Asienmeister und 2017 krönte er sich bei der Jugend-WM gleich vierfach zum Champion.
Auch im Herrenbereich machte der Penholderspieler in diesem Jahr auf sich aufmerksam: Beim Singapore Smash im Februar besiegte er unter anderem Lee Sang Su (Weltrangliste 19) und Japans Topstar Tomokazu Harimoto (Nr. 5), bevor er knapp mit 2:3 an Alexis Lebrun (Nr. 10) scheiterte. Beim WTT Champions in Macao im September schlug er erneut Harimoto klar mit 3:0; bereits im Juni gewann er bei den WTT Champions in Macao souverän gegen den deutschen Nationalspieler Dang Qiu (Düsseldorf). Seine beste Weltranglistenposition erreichte Xue Fei im Anschluss mit Rang 36.
Aktuell wird er auf Platz 69 geführt – eine Platzierung, die seiner tatsächlichen Leistungsstärke vermutlich nicht gerecht wird. Der Hintergrund: Xue kann aufgrund der hohen nationalen Leistungsdichte in China nicht regelmäßig an jedem internationalen Topturnier teilnehmen. Viele Weltranglistenpunkte gibt es aber gerade dort zu gewinnen, wo die Teilnahmen beschränkt sind wie bei Olympiaden, Weltmeisterschaften, Grand-Smash oder WTT Champions.
„Mit der Verpflichtung von Xue Fei versprechen wir uns eine deutliche Qualitätssteigerung sowie eine größere taktische Variabilität in unserer Aufstellung. Unser klares Ziel mit der Verpflichtung: Den Klassenerhalt sportlich sichern (Platz 10) und nicht darauf angewiesen zu sein, dass kein Zweitligist den Sprung in die Beletage des deutschen Tischtennis wagt. Unsere gesamte TSV-Fangemeinde freut sich auf den hochkarätigen Neuzugang“, heißt es seitens des Vereins.
Ob der Neuzugang bereits am 17.12. auswärts beim TTC Schwalbe Bergneustadt zum Einsatz kommt oder beim nächsten Heimspiel am 20.12. in der Shakehands-Arena gegen Borussia Dortmund – oder eben erst wie vermeldet in der Rückrunde, die für den TSV Bad Königshofen am 13. Januar nächsten Jahres bei Werder Bremen beginnt, gaben die Grabfelder nicht bekannt. Einer ihrer bisherigen Spieler – Bastian Steger, Filip Zeljko, Daniel Habesohn oder Andre Bertelsmeier – wird nun auf alle Fälle künftig nicht zum Aufgebot zählen, wenn Xue Fei zum Einsatz kommt.
Erste Stimmen zum Transfercoup:
Andy Albert (Geschäftsführer Sport): „Die Tischtennisbundesliga ist stark und attraktiv wie nie. Der Klassenerhalt wäre mit unserer jetzigen Mannschaft noch vor zwei oder drei Jahren gar kein Thema gewesen. Das hat sich entscheidend verändert. Wir sind daher froh, daß wir mit Hilfe unserer Partner den Transfer von Xue Fei realisieren konnten. Wir hoffen, daß wir so den Klassenerhalt sportlich erreichen können. Ein Selbstläufer ist es dennoch nicht.“
Matthias Braun (Geschäftsführer Finanzen): „Ich kann als Tischtennisbegeisteter sehr gut verstehen, dass Andy, der die sportliche Führung innehat, alles versucht, um einen drohenden Abstieg zu entgehen. Bei einem Meeting im Vorfeld mit unseren großen Sponsoren zu diesem Thema hatte eine deutliche Mehrheit das Signal gegeben, sich um diese Verpflichtung zu bemühen. Ich wünsche uns mit diesem ehrgeizigen Plan viel Erfolg. Mögen unsere Zuschauer wieder erfolgreiche Spiele sehen.“
Koji Itagaki (Headcoach): „Ich bin begeistert, dass Xue Fei kommt. Es ist das erste Mal, dass ich einen chinesischen Nationalspieler coachen kann. Wir sind aktuell nicht gut platziert. Ich bin überzeugt, dass die Verpflichtung von Xue Fei uns in der Rückrunde wesentlich helfen wird.“
Fu Yong (Neuzugang): „Ihr habt so eine tolle Sache geschaffen, dass seit vielen Jahren der erste chinesische Nationalspieler wieder in der Bundesliga gelandet ist. Fan Zhendong zählt nicht. Das ist alles sehr schwierig bei der Koordinierung der ganzen Sachen für die Nationalspieler, Turniere und Reisen mit privaten und geschäftlichen Pässen, Visa und so weiter.“

