SCHWEINFURT – Das Bildungszentrum Schweinfurt der Handwerkskammer für Unterfranken erforscht gemeinsam mit dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) den Einsatz von KI-Technologien innerhalb der überbetrieblichen Ausbildung (ÜBA) im Handwerk.
Das Projekt mit dem Titel „KIgÜBA – Künstliche Intelligenz in der überbetrieblichen Ausbildung“ ist auf insgesamt drei Jahre angelegt und wird im Rahmen eines ÜBA-Kurses im Metallbauerhandwerk umgesetzt.
„Wir kombinieren in diesem innovativen Projekt zwei KI-Systeme miteinander: Eine Tracking-KI, die die praktischen Arbeitsschritte der Auszubildenden in Echtzeit analysiert, sowie eine Tutoring-KI, die parallel dazu individuelle Unterstützung ermöglicht“, so Uljana Bauer, stellvertretende Leiterin des Bildungszentrums Schweinfurt. Das System passt sich automatisch an unterschiedliche Lernniveaus an und vermeidet sowohl Über- als auch Unterforderung.
Starke Partnerschaft für Innovation
Im Projekt arbeitet das Bildungszentrum eng mit dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) zusammen, das seit über 35 Jahren an Künstlicher Intelligenz für den Menschen forscht. Ein Expertenteam am Standort Saarbrücken unterstützt das Bildungszentrum Schweinfurt bei der Entwicklung und der Implementierung der Tracking-KI für die überbetriebliche Ausbildung. „Im Projekt KIgÜBA haben wir die Chance zu zeigen, dass KI-gestützte Systeme in der Ausbildung Lehrkräfte entlasten und Auszubildende unterstützen können. Gleichzeitig ist es wichtig, dass beide Seiten – Lehrende wie Lernende – über mögliche Risiken beim Einsatz von KI informiert sind und kompetent damit umgehen können.“, sagen Dr. Tim Schwartz und Dr. Michael Feld, die für das DFKI die Projektleitung übernehmen.
Komplexe Umsetzung am praktischen Beispiel
Mithilfe von Künstlicher Intelligenz verbindet das Projekt echtzeitgesteuerte und adaptiv gesteuerte Lernbegleitung miteinander. Dafür entsteht im überbetrieblichen Kurs „Schließtechnik“ für Auszubildende im Metallbauhandwerk im dritten Lehrjahr ein hochmodernes KI-Labor. Als praxisnahes Lernszenario dient die komplexe Montage einer barrierefreien Brandschutztür aus Glas – ein typischer Kundenauftrag, der alle wichtigen Arbeitsschritte des Metallbaus abbildet. Hier erfasst eine Tracking-KI mit speziellen Kameras die Arbeitsabläufe, Werkzeugauswahl und Montagefortschritte der Auszubildenden. Die verknüpfte Tutoring-KI wertet diese Daten aus und entscheidet, welche individuelle Unterstützung der Auszubildende benötigt.
Das System stellt dann passende Informationen in Form von Texten, Bildern oder Videos bereit, die bei der Lösung der Aufgabe helfen. Ergänzend kommt Extended Reality (XR)-Technologie zum Einsatz, um situationsgerecht angepasste Informationen direkt in das Sichtfeld der Lernenden einzublenden. Zusätzlich können die Auszubildenden mit einem KI-Assistenten, dem „Lernbuddy“, kommunizieren, der jederzeit für Fragen zur Verfügung steht und adaptive, individuelle Unterstützung basierend auf dem Arbeitsfortschritt und den individuellen Merkmalen der Lernenden bietet.
„Mit dieser Technologie setzen wir neue Maßstäbe in der beruflichen Bildung und treiben die digitale Transformation in der überbetrieblichen Ausbildung voran“, unterstreicht Thomas Planer, Leiter des Bildungszentrums Schweinfurt. Uljana Bauer ergänzt: „Unser Wunsch ist es, dass sich die Rolle der Ausbildenden weiterentwickelt – zu technologieaffinen Lernbegleitenden, die KI-Unterstützung und persönliche Förderung mühelos miteinander verknüpfen können. Auf diese Weise wollen wir erreichen, dass die Ausbildung effizienter, zeitgemäßer und qualitativ hochwertiger gestaltet werden kann.“
Vorteile für alle Beteiligten
Auszubildende profitieren von einer maßgeschneiderten Lernbegleitung, die sich ihrem individuellen Tempo und Niveau anpasst. Sie erhalten sofortiges Feedback und Hilfestellung, wenn sie diese benötigen, und erwerben gleichzeitig wichtige digitale Kompetenzen für die moderne Arbeitswelt. Das System ermöglicht es jedem Auszubildenden, sein volles Potenzial zu entfalten und steigert sowohl Motivation als auch Lernerfolg. Für Ausbilder bedeutet das System eine erhebliche Entlastung von Routineaufgaben. Sie können sich verstärkt auf die individuelle persönliche Betreuung konzentrieren, während die KI automatisierte Bewertungen und objektives Feedback zur Leistung der Lernenden liefert.
Transfer der Projektinhalte
Über die praktische Umsetzung im KI-Labor hinaus ist auch der Transfer der entwickelten Inhalte in andere Bildungseinrichtungen zentrales Ziel des Projektes. Dazu werden zwei Workshop-Angebote entwickelt: Der Workshop „Get your KI“ richtet sich an Entscheiderinnen und Entscheider und klärt zu rechtlichen, finanziellen und technischen Fragen der Einrichtung einer KI-Werkstatt auf. Der Workshop „Use your KI“ schult Ausbilderinnen und Ausbilder zu Konzept und praktischer Anwendung im Kursbetrieb. Ein methodisch-didaktisches Konzept wird parallel entwickelt, das untersucht, wie die KI-Lernsysteme unter Berücksichtigung der Besonderheiten verschiedener Berufsbilder sinnvoll auf andere Gewerke übertragen werden können. So könnte beispielsweise bei anderen Handwerksberufen die adaptiv gesteuerte Lernbegleitung als sinnvolle Ergänzung eingesetzt werden, auch wenn die echtzeitgesteuerte Komponente weniger geeignet ist.
Förderung über Exzellenzinitiative
Das Projekt wird im Rahmen der INex-Initiative (Initiative für exzellente überbetriebliche Berufsbildung) durch das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und das Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMBFSFJ) gefördert. „Wir sind sehr stolz, dass die Handwerkskammer für Unterfranken mit diesem Projekt zu den Wegbereitern einer modernen und digitalen Ausbildung gehört“, betont Hauptgeschäftsführer Ludwig Paul. „Durch die Realisierung des KIgÜBA-Projekts bietet sich für das Handwerk die Möglichkeit, eine Vorreiterstellung in Bezug auf KI-gestützte Berufsausbildung einzunehmen.“
Auf dem Bild: Startschuss für gemeinsames Forschungprojekt (v. l.): Heike Leonhard, Communications & Media DFKI, Julian Wolter, Researcher DFKI, Uljana Bauer, stv. Leiterin des Bildungszentrums Schweinfurt, Lukas Walter, Projektbetreuer Bildungszentrum Schweinfurt, Andreas Luxenburger, Engineer DFKI, Tim Schwartz, Senior Researcher DFKI, Michael Feld, Senior Researcher DFKI, Caspar Jacob, Researcher DFKI, und Fabio Andres Espinosa Valcarcel, Engineer DFKI.
Foto: Armindo Ribeiro/DFKI.