Es gibt Themen, die in Deutschland symptomatisch zeigen, wie wir uns in endlosen Schleifen verlieren. Die Debatte in Ebern um die Nikolaus-Fey-Straße ist so ein Beispiel.
Während Bürgerinnen und Bürger Unterschriften sammeln, während der Bürgermeister von einer vertanen Chance spricht und während der Stadtrat mehrheitlich gegen Umbenennung oder Infotafeln votiert – stellt sich die grundsätzliche Frage: Warum muss das eigentlich jede Gemeinde aufs Neue entscheiden?
Nikolaus Fey war ein strammer Nationalsozialist, der das Hitler-Regime aktiv unterstützte. Dass Straßen nach ihm benannt wurden, war ein Produkt der Nachkriegszeit, als Dialektpflege höher gewertet wurde als die politische Biografie. Heute wissen wir es besser.
Und trotzdem: In Würzburg heißt die Straße längst anders, in Haßfurt ebenso, in Wiesentheid hängt zumindest ein Hinweisschild – und in Ebern debattiert man seit Monaten. Jede Kommune erarbeitet ihr eigenes kleines Verfahren, jedes Mal wird gestritten, abgestimmt, revidiert.
Dabei haben wir in Deutschland mit dem Deutschen Städte- und Gemeindebund sogar ein Gremium, das genau für solche Fragen zuständig sein sollte. Doch statt praxistaugliche Lösungen vorzulegen, begnügt man sich dort gerne mit Allgemeinplätzen: „Die Kommunen sollen verantwortungsvoll mit Straßennamen umgehen.“
Klingt schön, heißt aber übersetzt: Jeder Ort wurstelt für sich. Das Ergebnis: eine Nikolaus-Fey-Straße hier, eine Nikolausstraße dort, eine Infotafel da. Einheit? Fehlanzeige.
Wäre es nicht naheliegend, bundesweit einheitlich alle Straßen, Wege und Plätze, die nach Fey benannt sind, umzubenennen – und zwar nach demselben Muster? Dann hätten wir Klarheit. Dann gäbe es nicht 16 verschiedene Entscheidungen, sondern einen Standard, der für alle gilt.
So müsste sich nicht jede Stadt mit Adressänderungen, Hinweistafeln und endlosen Ratsdiskussionen herumplagen. Die Menschen hätten Planungssicherheit, und die politische Botschaft wäre eindeutig: Keine Ehrung mehr für einen überzeugten Nazi.
Stattdessen vergeuden wir Zeit, Geld und Nerven mit einem föderalen Stückwerk. Ebern steht sinnbildlich dafür. Während ein Teil der Bevölkerung auf Aufklärung drängt, während SPD und Bürgermeister an Aufarbeitung erinnern, während die CSU den Haken drunter machen will, dreht sich das Karussell weiter. Und über allem schwebt die Frage: Warum eigentlich so kompliziert?
Die Lösung wäre einfach: Einheitliche Benennung, klare Regeln. Doch bis dahin werden wohl noch viele Sitzungen einberufen, viele Unterschriften gesammelt und viele Lokalzeitungen gefüllt. Deutschland eben.
Fabian Riedner für www.mainfranken.news
Foto: ChatGPT / künstliche Intelligenz