Kaum noch Busse am Marktplatz: „Eigentlich wollten wir die Innenstadt ja ´beleben´ und nicht ´entleben´!“

Kaum noch Busse am Marktplatz: „Eigentlich wollten wir die Innenstadt ja ´beleben´ und nicht ´entleben´!“

SCHWEINFURT – Wenn Dr. Ulrike Schneider Ungerechtigkeiten wittert oder Missstände aufdecken kann, dann kennt die Stadträtin der Initiative Zukunft/ödp kein Halten und keine Milde. Es geht nun mal wieder um das Stadtbussystem 2.0.

„Die Kritik daran ist facettenreich und in so gut wie allen Fällen wohlbegründet. Peu a peu wird ja nun auch nachgebessert, leider eher mit kosmetischen Korrekturen statt eines wirksamen Revidierens grundlegend falscher Weichenstellungen“, sagt Schneider. Und nimmt diesmal die für sie eine große Fehlentscheidung ins Visier: Am Marktplatz, dem Herzen Schweinfurts, hält nur noch die Buslinie zum Hochfeld. Wer vom Deutschof oder aus Schonungen kommt, kann vom Bus aus das Rathaus nicht mehr sehen – und muss eben auch nicht mehr zum Marktplatz oder kommt von dort – Stichwort ältere und gehbehinderte Menschen – nicht mehr weg.

„Eigentlich wollten wir die Innenstadt ja ´beleben´ und nicht ´entleben´“, wundert sich die Stadträtin. Und noch mehr über die angeblich von Oberbürgermeister Sebastian Remelé getätigte Aussage, es sei von Seiten der Geschäftsinhaber gewünscht, weniger Busse rund um den Marktplatz fahren zu lassen.“ Zahlreiche kamen nun zu einem kleinen Pressetermin an die Markt-Haltestelle, die seit 21. Juli überhaupt nicht mehr angefahren wird aufgrund von Bauarbeiten.

Darunter Helene Zierl, schon weit über 80 Jahre alt, die einen Brief an Dr. Schneider schrieb. Bezeichnend dafür, dass ältere Menschen eben weder mailen noch mit einem Smartphone unterwegs sind, um sich bezahlend im Bus einzuloggen. Zierl bat um Hilfe, damit sie wieder bei den Marktfrauen Gemüse und Salat einkaufen kann. „Aber dann muss ich alles zum Roßmarkt oder zum Museum schleppen.“

„Altersdiskriminierung im höchsten Maß“, nennt Schneider das. Und berichtet von einem Telefonat mit einer Bäuerein im Stadtteil Oberndorf, die just an diesem Donnerstag Besuch bekam von einem 92-Jährigen, der sich dort nach Dr. Schneider erkundigte, weil er kaum noch sehen und keine App bedienen kann, weil er anscheinend für eine Busfahrt jüngst zu viel Geld zahlte.

„Ältere Menschen werden in eine dumme Ecke gestellt“, klagt auch Sandra Gerull vom Damenbekleidungsgeschäft in der Rückertstraße. Sie war wie auch Gudrun Möderl (Kosmetik Boutique) oder Walter Raab (Buchhandlung Collibri) beim Termin dabei.

Wie auch Dr. Bernhard Hofmann von der Adler Apotheke. Ihm teilten viele Kunden mit, dass ihnen der Weg zum Busbahnhof oder zum Rusterberg zu weit ist. Ihm ist wichtig, dass der OB seine Aussage korrigiert. Denn Dr. Hofmanns Liste ist lang mit anliegenden Befürwortern eines wieder stärkeren Busverkehrs am Marktplatz so wie früher.

Für Dr. Ulrike Schneider ist es bezeichnend, dass sie von den Stadtwerken einfach keine Zahlen bekommt. Zu den Entwicklungen bei den Einnahmen und den Fahrgastzahlen seit der Umstellung. Die komplette Rückkehr zum alten System beantragte sie bislang vergebens, eine Entscheidung darüber aber wurde vertagt. Ein Hoffnungsschimmer für sie: „Langsam wachen auch andere Städträte auf!“

Hier noch die gesamte, offizielle Pressemeldung von Dr. Ulrike Schneider.

Initiative ZUKUNFT.ödp fordert erneut Haltestelle Marktplatz

Die Kritik am neuen Stadtbussystem 2.0 ist facettenreich und in so gut wie allen Fällen wohlbegründet. Peu a peu wird ja nun auch nachgebessert, leider eher kosmetische Korrekturen statt ein wirksames Revidieren grundlegend falscher Weichenstellungen.

Eine der Fehlentscheidungen betrifft den Marktplatz, an dem nur noch eine einzige Bus-Linie (Hochfeld) hält – alle Bürger vom Deutschhof, Mainberg, Schonungen und Hausen sind abgehängt, es sei denn, sie sind gut zu Fuß und laufen zum Rusterberg oder zum Rossmarkt. Die Kritik an dieser Entscheidung reißt nicht ab – sowohl von den älteren und gehbehinderten Mitbürgern als auch von am Marktplatz ansässigen Einzelhändlern.

Stadträtin Ulrike Schneider, die die geänderte Linienführung weg vom Markt von Anfang an nicht akzeptieren wollte, bedauert, dass ihr Veto im Aufsichtsrat und im Stadtrat bislang noch keine Mehrheit gefunden hat. Ihr geht es vor allem um eine belebte Innenstadt und Rücksichtnahme auf ältere Menschen, die nicht mehr gut zu Fuß sind.

„Wie sollen alte und gehbehinderte Bürger noch bei den Marktbauern einkaufen, wenn sie ihr Gemüse anschließend nicht zu einer nahegelegenen Bus-haltestelle tragen können – Rusterberg oder Rossmarkt sind einfach zu weit für viele!“, so Schneider. „Und was wird das für Folgen für die wenigen Marktfrauen haben und die Geschäfte am Marktplatz, wenn viele Kunden nun ausbleiben?

Eigentlich wollten wir die Innenstadt ja beleben und nicht entleeren!“, so Schneiders kritisches Fazit. Unterstützt wird sie von einer ganzen Reihe von Einzelhändlern, die mit der neuen Linienführung und den ausbleibenden Buskunden unzufrieden sind. So hat Dr. Bernhard Hofmann, Inhaber der Adler Apotheke, einen offenen Brief an den Oberbürgermeister geschrieben, weil dieser erst kürzlich anlässlich der Deutschhof-Begehung behauptet hatte, es sei von Seiten der Geschäftsinhaber gewünscht, weniger Busse rund um den Marktplatz fahren zu lassen. Sein Angebot bzw. seine Aufforderung an den OB: „Ich stelle Ihnen gerne das Ergebnis meiner Befragung zur Verfügung und gehe davon aus, dass Sie Ihre Meinung ändern und die Aussage öffentlich korrigieren.“

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