Spitze Zungen: Coca-Cola in Knetzgau – wenn das Weltimperium Pause auf dem Dorf macht

Spitze Zungen: Coca-Cola in Knetzgau – wenn das Weltimperium Pause auf dem Dorf macht
Bild von beauty_of_nature auf Pixabay

Knetzgau. Ein Ort, der klingt, als hätte man den Namen beim Kartoffelschälen erfunden. Und doch ist er Heimat einer Produktionsstätte von Coca-Cola – dem globalen Symbol für Konsum, Kapitalismus und Zahnstein.

Hier, wo normalerweise Streuobstwiesen, Hopfenfelder und Bocksbeutel die Landschaft dominieren, blubbert im Industriegebiet die süße Essenz des American Dream – oder wie man in Unterfranken sagt: „A Limo halt.“

Während in Atlanta Strategen an der nächsten Marketing-Offensive tüfteln, wird in Knetzgau in aller Ruhe die Flüssigkeit produziert, die man in der Region „fürs Mixen“ braucht. Denn Coca-Cola pur zu trinken, gilt hier als jugendlicher Leichtsinn. Ab 18 wird sie nur noch als Zutat akzeptiert – am besten in Kombination mit fränkischem Korn oder einer Pulle Asbach. Der Konzern könnte hier ein Labor für neue Sorten eröffnen, doch wozu? Die wichtigste Marktforschung passiert eh beim Frühschoppen: „Mit Cola geht alles, außer vielleicht Bocksbeutel.“

Für die Belegschaft ist die Cola-Produktion längst kein Mythos mehr, sondern ein ganz normaler Job: Rein in die Schicht, raus aus der Schicht – und zwischendrin ein paar tausend Liter braune Zuckerbrühe in Flaschen oder Dosen füllen. Die Globalisierung wirkt hier nicht wie ein abstraktes Phänomen, sondern wie ein Staplerfahrer mit Cap und Pause um 9:15 Uhr. Wer hier arbeitet, weiß: Man produziert nicht einfach ein Getränk – man produziert Kindheitserinnerungen, Karies und Instagram-Posts von Backpackern in Bali. Alles gleichzeitig.

Die Knetzgauer Cola-Mentalität

Trotz dieser Weltoffenheit bleibt man in Knetzgau bodenständig. Coca-Cola mag in den USA Symbol für Freiheit sein, hier ist sie Symbol für „Wir haben halt an sicheren Arbeitsplatz“. Die Werbeslogans werden nicht aus dem Marketing-Headquarter übernommen, sondern aus dem Alltag: „Cola geht immer“ oder „Mit Cola schmeckt die Wurst gleich doppelt so gut“. Und während anderswo die Produktionsstätten von Protesten gegen Großkonzerne begleitet werden, bringt man hier lieber ein Blech mit Zwetschgenkuchen vorbei. Global Player hin oder her – Gastfreundschaft ist Gastfreundschaft.

Coca-Cola in Knetzgau ist der Beweis, dass selbst die größten Weltmarken irgendwann auf dem Land landen. Und hier gilt: Kein Hipster-Image, keine Lifestyle-Inszenierung – nur braune Brause in Massen, von Menschen, die wissen, dass man für Durst eigentlich Wasser trinkt, aber für’s Leben eben manchmal Cola.

Knetzgau liefert nicht nur Limo. Es liefert den Beweis, dass Globalisierung auch einfach nur heißen kann: „Bei uns steht’s halt im Regal vom Edeka.“

Fabian Riedner für www.mainfranken.news

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