Ein Meilenstein im Gewaltschutz: Das neue AWO Frauenhaus Würzburg wurde eröffnet

Ein Meilenstein im Gewaltschutz: Das neue AWO Frauenhaus Würzburg wurde eröffnet
Foto: Stefana Körner

WÜRZBURG – Nach vier Jahren Sanierungszeit wurde nun das AWO Frauenhaus Würzburg feierlich neu eröffnet. Durch den Umbau konnte die Anzahl der Schutzplätze von sechs auf 13 erhöht werden und es wurden barrierefreie Räumlichkeiten geschaffen sowie zusätzliche Appartements für Frauen mit mehreren Kindern oder besonderen Bedarfen.

Das ist ein absolutes Novum unter Frauenhäusern, „ein Haus mit Modellcharakter“, wie es Frauenhausleiterin Brita Richl in ihrer Rede nannte. Das 5,8 Millionen-Projekt wurde zum Großteil aus dem Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ finanziert (4,6 Mio), dazu durch Förderungen des Landes Bayern (0,5 Mio), der Regierung von Mittelfranken, von der Initiative Sternstunden sowie vielen Spenden.

Gewalthilfegesetz als gemeinsamer Auftrag

Bei der Eröffnungsfeier wurde deutlich, dass sich das Frauenhaus über einen breiten Rückhalt freuen kann. Oberbürgermeister Martin Heilig betonte, dass Schutz und Sicherheit zu den grundlegendsten menschlichen Bedürfnissen gehören und die neuen Räumlichkeiten es ermöglichen, noch gezielter auf individuelle Bedarfe einzugehen. Heilig hob hervor, dass die Stadt Würzburg trotz schwieriger Haushaltslage auch 2026 ihre finanzielle Verantwortung gegenüber den Frauenhäusern wahrnehmen werde.

Der Vorsitzende der AWO Unterfranken Stefan Wolfshörndl unterstrich, dass Gewaltschutz nicht von kommunalen Haushalten oder regionalen Mehrheiten abhängig sein dürfe. Die AWO setze sich seit vielen Jahren für einen bundesweit einheitlichen Rechtsanspruch gegen Gewalt ein. Mit dem neuen Gewalthilfegesetz, das erstmals eine verbindliche Finanzierung von Schutzangeboten vorsieht, sei ein Meilenstein erreicht. Gleichzeitig bat er die kommunalen Kostenträger und regionalen Partner, „an Bord zu bleiben“ – ein Wunsch, den die AWO-Bereichsleiterin Kinder, Jugend, Frauen und Familie Cornelia Staab wiederholte: Frauenhäuser seien keine freiwilligen Zusatzangebote, sondern Teil der sozialen Daseinsvorsorge – ein Schutzschild, das auf vielen Schultern ruhen müsse.

Katharina Jestaedt, Ministerialdirektorin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, verwies darauf, dass laut Polizeilicher Kriminalstatistik jede Stunde etwa 14 Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt werden und die Anrufe beim Hilfetelefon seit Jahren steigen. Frauen und Kinder bräuchten „schnell die richtige Hilfe“, um Gewalt zu durchbrechen. Sie freue sich, dass der Bund das Frauenhaus in Würzburg mitfinanzieren konnte – gemeinsam mit dem Land Bayern.

Grußworte übermittelten zudem Dorothee Bär, Bundesministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt, sowie Ulrike Scharf, Bayerische Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales, die die Einrichtung als bedeutenden Baustein im Gewaltschutz würdigten.

Vertreter der Telefonseelsorge Würzburg und der Bahnhofsmission gaben berührende Einblicke in ihre jahrzehntelange Zusammenarbeit mit dem Frauenhaus – ein Zeichen für die Bedeutung verlässlicher Partnerschaften in Krisensituationen.

Fachliche Weiterentwicklung

Der Ausbau trägt dem Rechnung, was das Frauenhaus seit Jahren bereits fachlich und nun auch räumlich umsetzen kann: Nicht nur die Frauen stehen im Fokus, sondern mit ihnen ihre Kinder und Jugendlichen, die immer mitbetroffen sind, eine hohe psychische Last tragen und professionelle Begleitung benötigen. Ein multiprofessionelles Team aus Sozialpädagoginnen, Erzieherinnen und Ehrenamtlichen unterstützt die Frauen und ihre Kinder beim Loslösen aus dem gewaltgeprägten Beziehungsalltag und bei der Erarbeitung von neuen Lebensperspektiven.

Das Frauenhaus bietet weit mehr als eine sichere Zwischenstation auf dem Weg in ein selbstbestimmtes Leben. Seit Jahren erweitert das Frauenhaus sein Angebot und lenkt die Aufmerksamkeit auf die Zeit vor und nach dem Frauenhausaufenthalt: Im Second-Stage-Projekt werden Frauen nach dem Auszug aus dem Frauenhaus beim Übergang in ein eigenständiges Leben begleitet. Das Team unterstützt bei der Wohnungssuche und beim Einzug in die neue Wohnung. Zusätzlich hat der Träger zwei Übergangswohnungen angemietet um diese an Klientinnen weitervermieten zu können. Die nachfolgende psychosoziale Beratung ermöglicht, Frauen mitsamt ihren Kindern und Jugendlichen in ihrem neuen Lebensumfeld zu begleiten.

Zum Beratungsangebot des Frauenhauses gehört auch die fachspezifische Beratung bei häuslicher Gewalt und die pro-aktive Beratungsstelle, die unmittelbar nach Polizeieinsätzen den Kontakt zu betroffenen Frauen aufnimmt und diese berät. Sie bietet schnelle Hilfe in akuten Gewaltsituationen, unterstützt bei der Beantragung von Gewaltschutzmaßnahmen, und sichert Zugang zum Hilfesystem – ein niedrigschwelliges Angebot für gewaltbetroffene Frauen, die ihr Zuhause nicht verlassen wollen.

Virtueller Rundgang durch das neue Frauenhaus

Da Frauenhäuser anonym arbeiten, fand die Eröffnung im Burkardushaus statt. Umso wichtiger war es dem Team, den Gästen einen echten Eindruck zu vermitteln. Im virtuellen Rundgang führten die Mitarbeiterinnen die Besucher durch alle zentralen Stationen: das Ankommen, die ersten Tage im Haus, die Unterstützung durch die Sozialpädagoginnen, die Begleitung der Kinder und Jugendlichen, die Wohnbereiche, die Gruppenangebote und den Schritt in die eigene Wohnung. Die Gäste konnten miterleben, wie Frauen und Kinder im Frauenhaus Sicherheit finden, Stabilität aufbauen und neue Perspektiven entwickeln.

Ein emotionaler Höhepunkt war der Poetry-Slam „Unschlagbar“, geschrieben von einer Mitarbeiterin eines anderen Frauenhauses und vorgetragen von einer Ehrenamtlichen. Ein Kurzfilm aus der AWO-Kampagne „AWO sagt NEIN zu Gewalt an Frauen“ erinnerte daran, dass nur 13 Prozent der Betroffenen Gewalt öffentlich machen – und jede dritte Frau in Deutschland von Gewalt betroffen ist.

Auf dem Bild: Vertreter*innen aus Politik, Verwaltung und der AWO Unterfranken bei der Eröffnung des neuen AWO Frauenhauses Würzburg. Gemeinsam hoben sie die Bedeutung eines verlässlichen Gewaltschutzes sowie die enge Zusammenarbeit von Bund, Land und Kommune hervor. v.l.n.r. Stefan Wolfshörndl (Vorsitzender AWO Unterfranken), Brita Richl (AWO-Frauenhausleiterin), Martin Heilig (OB Würzburg), Katharina Jestaedt (Ministerialdirektorin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend), Cornelia Staab (AWO-Bereichsleiterin Kinder, Jugend, Frauen und Familie), Eva von Vietinghoff-Scheel (Sozialreferentin Stadt Würzburg), Martin Ulses (AWO-Geschäftsführer)
Foto: Stefana Körner

Comments

No comments yet. Why don’t you start the discussion?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert