BAD KÖNIGSHOFEN – „Es ist heuer einfach wie verhext“, kommentierten viele TSV-Freunde unter den 510 Zuschauenden das fränkisch-thüringische Tischtennis-Derby. Ihr TSV, der einen knappen Sieg erhofft hatte, hätte beinahe sogar eine krachende Niederlage bezogen.
So wurde es nach 0:2-Rückstand, dann 1:2 und beinahe 2:2, wenigstens eine versöhnliche: von der sportlichen, mitunter knisternd spannenden Vorstellung und vom Erlebniswert her. Oben auf der Kilian-Ort-Tribüne war Jin Ueda aus Japan zu Besuch bei seinen Königshöfer Freunden, den man lieber unten in der Box gesehen hätte.
Die Erwartung war groß nach der enttäuschenden Niederlage von Bad Homburg, der Erwartungsdruck auf die neue Nummer eins Filip Zeljko riesig. Der „Speedking“ aus Zagreb wehrte sich gegen den portugiesischen Vize-Europameister Marco Freitas fünf Sätze lang, zog nach 48:50 Bällen dann doch den Kürzeren. Dabei holte er einen 0:2-Satz-Rückstand auf, bis besonders ab Mitte des fünften Durchgangs die Netzkante ungerecht verrückt spielte: Nach einer tollen Aufholjagd wurde er doch noch abgeschossen.
Zur Aufmunterung für Filip und die Fans legte Simon, der Hallen-Discjockey, „Always Look on the Bright Side of Life“ auf. Es würden schon wieder bessere Zeiten kommen. Kamen sie aber erst mal nicht. Der Ex-Mühlhausener Daniel Habesohn bekam den Neu-Mühlhausener Kai Stumper, amtierender Deutscher Meister, vorgesetzt – und holte sich doch gleich mal den ersten Satz mit 12:10. Der zweite glich einer Abfuhr, wirkte im dritten und vierten noch nach. Stumper gewann völlig verdient. Die Stimmung zur Pause: Es konnte nur noch besser werden.
Dann folgte eines der aufregendsten Matches dieser Saison. Bei dem sich endlich einmal Fortuna im Lauf des Spiels Gedanken machte, dass sie den Königshöfern doch einiges schuldig sei. Für deren Leitwolf Bastian Steger, seit 2019 beim TSV, war es allerdings zunächst das Duell David gegen Goliath. Steffen Mengel ist nämlich körperlich im Vorteil, gut einen Kopf größer und mit der entsprechenden Reichweite ausgestattet. Was er auch spielerisch umsetzte und an den Tisch brachte. „Menzi“, Basti´s ehemaliger Nationalmannschafts-Kollege, ist auch so eine Vereins-treue Seele (seit 2018 Postler) und schien zunächst unbezwingbar.
Mit je 8:11 gingen die ersten zwei Sätze an die Thüringer. Das Ende der gesamten Partie war bedrohlich nahe. Vielleicht half Steger aber auch seine sportliche, dem Publikum „geschuldete“ Einstellung, sich nach 4:10-Rückstand wenigstens noch auf acht heran gekämpft und Mumm für die folgenden Sätze geholt zu holen. Im dritten Satz schaffte er den Anschluss, in vierten die Wende. Obwohl Mitte dieses Durchgangs mal bei mehreren Bällen hintereinander die Netz- und die Tischkante Freund und Helfer Mühlhausens waren. Aber der Basti ging durchs Fegefeuer, zwang Mengel in den Fünften – und diktierte manchem Kritiker ins Stammbuch: „Schreib´ niemals einen Steger ab!“ Mit 11:6 ging David als Sieger hervor.
Ausmaß, Länge und Intensität sprachen für einen epischen Kampf. Dagegen sprach, was danach folgte, im vierten Einzel. Vor diesem gestand Steger unserem Mitarbeiter aber Ungewöhnliches: „Ich habe nach den ersten zwei Sätzen selber mal nicht mehr so dran geglaubt. Es ist da ja wirklich nicht gut gelaufen. Manchmal ist es nicht zu erklären, kommst du da wieder rein, geht’s doch besser, wird der andere a bisserl nervös. Ich habe einfach nur noch versucht, zu kämpfen und zu kämpfen. Und mit der Unterstützung der Fans hab´ ich auf einmal den Push gekriegt.“
Diese Unterstützung war für Filip Zeljko im vierten Einzel gegen den von Borussia Düsseldorf gekommenen Kai Stumper (22) auch da – und bitter nötig. Sie reichte aber dennoch nicht zu einem Sieg, weil der Neu-Mühlhausener manchmal über sich hinauswuchs, alles, aber auch alles noch schärfer und platzierter zurück brachte, was Zeljko ihm hinüber knallte. Ein formidables Hochgeschwindigkeits-Tischtennis von beiden, bei dem Stumper phasenweise außerirdisch spielte.
Vielleicht hatte aber auch das emotionale, frustrierende Ende des ersten Satzes die klaren Ausgänge des zweiten und dritten zur Folge. Erst vergab Zeljko seine drei Satzbälle, dann verwandelte Stumper seinen ersten zum 13:15 und holte sich den zweiten und dritten Satz überdeutlich: zur siebte Niederlage im achten Saison-Spiel. Aber die TSV-Fans sind nicht nur leidensfähig, sondern auch humorvoll und dankbar, sangen jetzt erst recht „Steh´ auf für den TSV“ und waren sich sicher, „wieder tolle sportliche Höchstleistungen gesehen“ zu haben.
Bad Königshofen ist demzufolge Letzter der Tischtennis-Bundesliga. Weiter geht´s schon kommenden Freitag auswärts beim Fünften in Ochsenhausen. Das nächste Heimduell findet erst vier Tage vor Weihnachten statt. Gegner in der Shakehands-Arena ist dann Borussia Dortmund.
Ergebnisse:
Zeljko – Freitas 2:3
(9:11/10:12/11:7/11:9/7:11)
Habesohn – Stumper 1:3
(12:10/4:11/7:11/8:12)
Steger – Mengel 2:3
(8:11/8:11/11:9/11:9/11:6)
Zeljko – Stumper 0:3
(13:15/5:11/3:11)
Text und Fotos: Rudi Dümpert für www.mainfranken.news



