SCHWEINFURT – Neue Perspektiven für die Fachkräftesicherung: Seit 1. Juli läuft an der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) ein innovatives Projekt, um internationale Studienabbrecher mit kleinen und mittleren Unternehmen aus der Region zu vernetzen und so neue Ausbildungswege zu schaffen.
Das Projekt CraftTURN (Students become Skilled Craftsmen – Transition and Upskilling Route in a Network) richtet sich an internationale Studierende, die an ihrer Studienwahl zweifeln und überlegen, ihr Studium abzubrechen oder es bereits abgebrochen haben. Ziel des Projekts ist es, dieser Zielgruppe neue berufliche Perspektiven zu eröffnen und gleichzeitig dem regionalen Fachkräftemangel in Mainfranken wirksam entgegenzutreten.
Internationale Studierende sind Potentialträger
In den vergangenen Jahren ist die Zahl internationaler Studierender in Deutschland deutlich gestiegen. Auch an der THWS zeigt sich diese Entwicklung: Von rund 9.100 eingeschriebenen Studierenden stammen knapp 2.700 aus dem Ausland, ein Anteil von fast 30 Prozent. Viele von ihnen studieren in technisch ausgerichteten Studiengängen.
„Doch gerade diese Zielgruppe ist mit besonderen Herausforderungen konfrontiert“, erläutert Prof. Dr. Silke Neuderth von der Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften. „Sprachbarrieren, Leistungsprobleme, fehlende soziale Netzwerke oder psychosoziale Belastungen können zu Studienzweifeln und mitunter zum Abbruch führen.“ Für die Studierenden bedeute dies nicht selten den Verlust des Aufenthaltstitels und für Deutschland den Verlust von hochmotivierten Nachwuchskräften mit akademischem Vorwissen. Dabei äußert ein erheblicher Teil der internationalen Studierenden den Wunsch, in Deutschland zu bleiben und hier beruflich Fuß zu fassen.
Regionale Unternehmen suchen dringend Nachwuchs
Parallel dazu verschärft sich der Fachkräftemangel in Mainfranken seit Jahren. Laut der Bundesagentur für Arbeit blieben zuletzt in der Arbeitsmarktregion Schweinfurt rund 1.113 Ausbildungsstellen unbesetzt (Stand 2025). Besonders betroffen sind technische Berufe wie Mechatronik, Kfz-Mechatronik, Industriemechanik, Metallbau oder Lagerlogistik. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) spüren die Auswirkungen: Unbesetzte Stellen bremsen Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit. Hinzu kommt, dass viele Unternehmen bislang zögerlich auf internationale Bewerbende reagieren, nicht zuletzt aufgrund von Sprachbarrieren oder bürokratischen Hürden.
Damit stehen sich zwei Entwicklungen gegenüber: Fachkräftemangel sowie Studierende, die ihr Studium abbrechen oder denen die Exmatrikulation droht. Dabei gelte es, individuelle Entwicklungspfade so lange zu fördern, wie es möglich und gewünscht ist, um das vielzitierte „Match“ zwischen Unternehmen und zukünftigen Mitarbeitenden zu finden, so Prof. Dr. Andreas Schiffler. „Ein bisher an der THWS weitgehend unerschlossenes Feld, wenn es um die aktive Unterstützung nach einem vorzeitig beendeten Studium geht.“
Hier setzt das Projekt CraftTURN an: Es verfolgt das Ziel, internationale Studienzweifler bzw. Studienabbrecher für eine duale Berufsausbildung zu gewinnen und sie als Fachkräfte für die Region Mainfranken zu sichern. Dazu müssen zum einen internationale Studierende an der Hochschule über diesen Ausbildungswege informiert werden. Zum anderen müssen gleichzeitig die regionalen Unternehmen für dieses Potenzial sensibilisiert werden und zudem über niederschwellige Angebote die passenden Bewerbenden kennenlernen. Zuletzt brauche es außerdem Integrationsunterstützung für die Studierenden über Beratung und Begleitung. Als mögliche Wege dazu nennt das CraftTURN-Team Werkstattprojekte, gamifizierte Berufssimulationen und Social-Media-Kampagnen.
Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen der Initiative JOBvision gefördert. Projektträger ist das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Das Projekt läuft von Juli 2025 bis Juni 2028. CraftTURN ist ein fachübergreifendes Projekt und profitiert vom Erfahrungsschatz des Instituts für Digital Engineering (IDEE) sowie des Instituts für Angewandte Sozialwissenschaften (IFAS).
Über die THWS
Die Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) zählt zu den größten Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Bayern und steht seit ihrer Gründung im Jahr 1971 für hervorragende Lehre und angewandte Forschung. Mit rund 9.000 Studierenden, einem breit gefächerten Angebot von mehr als 60 Studiengängen sowie zwei Promotionszentren deckt die THWS ein weites Spektrum ab, das von Technik über Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie Sprache bis hin zu Gestaltung reicht. Die THWS ist nicht nur regional in Franken und Bayern verwurzelt, sondern auch stark international ausgerichtet, was sich in zahlreichen Kooperationen und Austauschprogrammen weltweit und nicht zuletzt in einem vielseitigen englischsprachigen Studienangebot widerspiegelt.
Auf dem Bild: Das Team von CraftTURN (v. li.): Silvan Renz, Prof. Dr. Silke Neuderth, Lisa Lehmann und Prof. Dr. Andreas Schiffler mit Sitz im Gebäude 21 am Campus Ledward in Schweinfurt
Foto: THWS/Jürgen Schwittek
