ÖDP-Grundsatzbeauftragter fordert in Sand: „Gerechtigkeitspolitik muss ganz nach oben auf die Agenda“

ÖDP-Grundsatzbeauftragter fordert in Sand: „Gerechtigkeitspolitik muss ganz nach oben auf die Agenda“

SAND AM MAIN – Auf mehreren Baustellen muss nach Ansicht des bayerischen ÖDP-Landesbeauftragte für Grundsatzfragen Bernhard Suttner gearbeitet werden, „damit wir wieder besser zusammenkommen.“

Auf Einladung des ÖDP-Kreisverbandes Haßberge referierte der Bildungsreferent und langjährige Landesvorsitzende der ÖDP im Hotel Goger in Sand.

Die erste Baustelle betreffe die Art der Konfliktaustragung: „Dass wir unterschiedlicher Meinung sind, ist in den allermeisten Fällen nicht das Problem“ meinte der Referent. Schwierig werde es, wenn zum einen die Verfassungsgrundlagen nicht mehr geachtet werden und zum anderen die eigene Ansicht zur einzig möglichen erklärt wird.

Hochproblematisch sei auch das populistische Leugnen der Komplexität aktueller Probleme, die Verachtung von wissenschaftlich begründeten Fakten und die pauschale Zuweisung von Schuld auf bestimmte gesellschaftliche Gruppen oder Einzelpersonen. Populisten seien sehr geschickt darin, die eigene Anhängerschaft von Notwendigkeiten “freizusprechen“ und gleichzeitig andere Menschengruppen als Sündenböcke zu brandmarken.

Dabei gelte es stattdessen, die großen Probleme wie die Erhitzung des Planeten, den Verlust der biologischen Vielfalt und die überbordende Schuldenlast der öffentlichen Haushalte gemeinschaftlich zu lösen, meinte Suttner. Er warb für die Mitgliedschaft in lokalen Vereinen: „Wer sein gemeinsames Ziel bei der Feuerwehr kennt, greift nicht gleich zu Hass und Hetze wie es im Netz oft der Fall ist.“

Polarisierung, also die deutliche und pointierte Formulierung von Gegensätzen müsse man in einer Demokratie aushalten. „Oft wird einem selbst die Problemsicht klarer, wenn man seine Argumente im Kreuzfeuer prüfen muss“ stellte Suttner fest. Zu den Verfassungsgrundsätzen dürfe es aber keinen Gegenpol geben. Der gelernte Politikwissenschaftler verwies auf den Grundgesetzartikel 79.3, der eine Änderung des Grundgesetzes verbietet, wenn es um die Würde des Menschen, das Demokratieprinzip, den Rechtsstaat, den Sozialstaat und die Beteiligung der Länder an der Gesetzgebung geht. „Das ist die Lehre aus der deutschen Geschichte: Nie wieder soll im deutschen Namen das Recht aller Menschen auf Würde verachtet werden, nie wieder darf ein unkontrollierbares Machtzentrum entstehen, nie wieder darf eine Clique um eine Führerperson den Staat okkupieren!“

Auf der zweiten Baustelle gehe es um Gerechtigkeit. Es breite sich die gefährliche Stimmung im Lande aus, dass die Lebenslage kleiner Leute nicht mehr beachtet werde und nur noch im Interesse vermögender Kreise Politik gemacht werde.

Ein Musterbeispiel sei das Ausbleiben des Klimageldes: „Davon hätten Haushalt mit niedrigem Einkommen und entsprechend bescheidenem Verbrauch sehr gut profitieren können.“ Dass dies nicht umgesetzt wurde und stattdessen großzügige Zuschüsse zu übermotorisierten E-Fahrzeugen gegeben wurden, sei sozial wie ökologisch falsch gewesen. Leider könne man von der neuen Bundesregierung keine Besserung erwarten.

Suttner verwies auf wissenschaftliche Projekte, die auseinanderdriftende Gesellschaften wieder näher zusammenbringen könnten: Ein allgemeines Pflichtjahr im Dienst der Gemeinschaft, die Einrichtung von Bürgerräten oder die Idee eines „Grunderbes“ nach Volljährigkeit und Abschluss einer Ausbildung als Starthilfe in die Selbständigkeit. Solche Projekte seien leicht zu finanzieren.

„Dass wir immer noch die meisten Steuern und Abgaben vom Faktor Arbeit einkassieren und die Faktoren Kapitalertrag und Umweltverbrauch verschonen, passt schon lange nicht mehr in die Zeit“, kritisierte Suttner.

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