STUTTGART – Im Auftrag der Vielfalt: Bei einem Aktionstag mit Schulklassen aus der Region Stuttgart wurde vor dem Museum am Löwentor eine neue Biodiversitätsfläche angelegt.
In unmittelbarer Nähe des Dinosauriers Plateosaurus, dem größten Stuttgarter aller Zeiten, soll es künftig summen und brummen. Im Rahmen eines Aktionstages mit Schulklassen aus der Region Stuttgart begann ein Naturschutzprojekt mit Modellcharakter: Vor dem Museum am Löwentor entsteht eine neue Fläche zur Förderung der Biodiversität im urbanen Raum.
Auf einer zuvor artenarmen Wiese von 320 Quadratmetern wird von dem Fachbereich Parkpflege der Wilhelma und dem Naturkundemuseum Stuttgart ein lebendiger Lebensraum für heimische Pflanzen und Tiere geschaffen. Fünf abwechslungsreiche Mini-Landschaften bieten zahlreichen Arten neue Rückzugsorte. Gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern gestalteten die Biodiversitäts-Multiplikatoren der Wilhelma zusammen mit einem Team des Naturkundemuseums Stuttgart und unter Anleitung des Naturgartenplaners Sebastian Frey zum Auftakt des Projektes die bisher wenig vielfältige Wiesenfläche vor dem Museum um. Durch zahlreiche Pflanzaktionen entstanden unter anderem ein artenreiches Wildstaudenbeet, eine magere Kräuterwiese und ein Steingarten.
„Das dramatische Artensterben zeigt uns eindrücklich, wie bedeutsam es ist, auch in urbanen Gebieten vielfältige Lebensräume für heimische Arten zu schaffen. Die neue Biodiversitätsfläche vor unserem Museum ist ein starkes Signal, dass Naturschutz, Umweltbildung und Stadtentwicklung erfolgreich miteinander verbunden werden können“, so Prof. Dr. Lars Krogmann, der die Bedeutung solcher Projekte hervorhob.
Diese neuen Lebensräume dienen nicht nur als attraktiver Blickfang, sondern sollen auch das Lernen fördern: Besuchende sind eingeladen, die Biodiversitätshotspots zu entdecken und heimische Pflanzen sowie Tiere hautnah zu erleben.
„Der weltweite Verlust von Artenvielfalt betrifft uns alle. Oft denkt man bei dem Thema zunächst an die Regenwälder Südamerikas oder die Savannen Afrikas. Aber auch direkt vor unserer Haustür schreitet das Artensterben voran – oft allmählich und unbemerkt. Umso mehr freut es mich, dass wir heute so viele Schülerinnen und Schüler begeistern konnten, mitzumachen und aktiv neue Lebensräume für einheimische Arten zu erschaffen“, betonte Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin.
Den Verantwortlichen ist wichtig, das Thema Artensterben auch lokal sichtbar zu machen und zu zeigen, dass bereits mit wenigen Mitteln Grünflächen in der Stadt umgestaltet und so Lebensraum für verschiedene Arten geschaffen werden kann. Die Parks der Stadt spielen dabei eine zentrale Rolle für Tiere und Pflanzen.
„Unsere Parks entwickeln sich zu Hotspots der Artenvielfalt mitten in der Stadt. Wir pflegen 12.000 Bäume – inklusive Biotopbäume, deren abgestorbenes Holz ein wahres Eldorado für Käfer, Ameisen und Wildbienen darstellt. Zwei Drittel der von uns bewirtschafteten Mähflächen sind bereits als einheimische Blühwiesen angelegt. Hinzu kommen immer mehr zusätzliche Biodiversitätsflächen als Lebensräume für zahlreiche spezialisierte Tier- und Pflanzenarten“, erklärte Katja Siegmann, Leiterin des Fachbereichs Parkpflege der Wilhelma.
Die Bedeutung naturnaher Areale in urbanen Lebensräumen zeigt auch das laufende Citizen-Science-Projekt „Life im Park“, das seit über einem Jahr im Rosensteinpark vom Naturkundemuseum Stuttgart durchgeführt wird. Ehrenamtliche Naturbegeisterte erfassen dort gemeinsam mit Expertinnen und Experten des Museums sämtliche Arten des Schutzgebiets. Die ersten Ergebnisse bestätigen die hohe Artenvielfalt und unterstreichen den ökologischen Wert solcher Flächen für den Erhalt und Ausbau der Biodiversität in der Stadt.
Entscheidend für den Erfolg naturnaher Flächen ist die Pflanzenauswahl. „Durch die gezielte Verwendung heimischer Pflanzenarten entstehen nachhaltige Mini-Ökosysteme, die Insekten, Vögel und andere Tiere langfristig fördern. Solche naturnahen Flächen sind unverzichtbare ökologische Inseln innerhalb der Stadt und stärken das Bewusstsein für die Bedeutung der Biodiversität unmittelbar vor unserer Haustür“, so Dipl.-Biol. Cornelia Krause, Botanikerin am Naturkundemuseum Stuttgart.
Das Naturkundemuseum Stuttgart plant begleitende Führungen und weitere Bildungsangebote auf den neuen Flächen, um das Thema Biodiversität für Besuchende anschaulich und erlebbar zu machen.
Zwischen den Aktionen konnten sich die Teilnehmenden in einem Informationspavillon der ‚Bunten Wiese Stuttgart‘ und der Umweltbildung der Stadt Stuttgart über Tiere und Pflanzen informieren.
Auf dem Bild: Vor Ort aktiv waren Schulklassen verschiedener Altersgruppen.
Foto: Birger Meierjohann / Wilhelma Stuttgart