Der Wald als Klimaschützer und Lebensraum: Was macht Würzburg anders als andere Kommunen?

Der Wald als Klimaschützer und Lebensraum: Was macht Würzburg anders als andere Kommunen?
Foto: Steffie Leisenheimer

WÜRZBURG – Der Würzburger Stadtwald ist weit mehr als ein Naherholungsgebiet. Er ist Klimaschützer, Wasserspeicher, Lebensraum für seltene Tiere und Pflanzen – und ein herausragendes Beispiel für nachhaltiges Waldmanagement in Deutschland.

Denn gezielte Maßnahmen stärken den Würzburger Wald für die Zukunft. Welche das sind, davon überzeugten sich kürzlich auf Einladung von Oberbürgermeister Martin Heilig und der zweiten Bürgermeisterin Dr. Sandra Vorlová die Bundestagsabgeordneten Anton Hofreiter und Niklas Wagener (Aschaffenburg) bei einem zweistündigen Waldrundgang mit Stadtförster Karl-Georg Schönmüller, dem städtischen Forstwirt Quirin Friederich und dem Leiter des Gartenamts, Dr. Helge Bert Grob.

„Unser Wald ist ein high performer“, fasst Schönmüller zusammen. „Ohne ihn wäre Würzburg im Sommer mehrere Grad heißer.“ Studien der TU München und der Uni Würzburg zeigen, dass die durchschnittliche Jahrestemperatur hier bereits auf elf Grad gestiegen ist, das sind drei Grad mehr als frühere Vergleichswerte belegen. Dass die Auswirkungen der Klimaveränderung in Würzburg bisher dennoch abgemildert werden können, liegt einerseits an der besonderen Struktur des 1.000 Hektar großen Waldes, der sich bis weit in das Stadtgebiet ausdehnt, sich in vorherrschender Südwestwindrichtung befindet, und an der hohen Transpirationsleistung vieler alter Baumarten in den Waldbeständen. „Viele Kommunen in Franken und Deutschland besitzen diese forstlichen Strukturen derzeit nach Aussage verschiedener Waldberichte nicht“, so der Leiter des städtischen Forstbetriebs, Schönmüller. Andererseits kann der natürliche Klimaschutz direkt vor der Stadt nur erhalten bleiben, wenn verschiedene Maßnahmen den Wald aktiv an ein neues Klima anpassen. Hier wird der städtische Forstbetrieb aktiv und

  • hält Wasser im Wald: Rückhaltebecken sorgen dafür, dass die knappen Niederschläge im Wald gespeichert werden und gleichzeitig Starkregenereignisse abgemildert werden.
  • passt Baumarten an: In den besonders durch Trockenheit geschädigten Rotbuchenbeständen setzt das Forstamt bei Pflanzung und Pflege auf klimaresistentere Baumarten wie Sorbus-Arten, Feldahorn oder Eibe. Dieser gezielte Umbau soll dem „Waldsterben 2.0“ entgegenstehen
  • nutzt Holz nachhaltig: Wenn Bäume gefällt werden, dann bevorzugt für langlebige Produkte – etwa im Bauwesen oder, als holztechnische Besonderheit, in der Textilindustrie. Die stoffliche Nutzung steht klar im Vordergrund, während die energetische Verwertung, also die Verbrennung, möglichst reduziert wird.
  • setzt auf schonende Waldarbeit: Zum Einsatz kommen auch traditionelle Methoden wie das Rücken mit Pferden. Auf einen größeren Abstand der Rückegassen wird geachtet, um Bodenerosion und Verdichtung zu vermeiden.
  • hält Wald und Wild im Gleichgewicht: Durch eine konsequente Regulierung des Rehwildbestandes wird gewährleistet, dass seltene Baumarten wie die Weißtanne wieder auf natürliche Weise verjüngt werden können.

Biodiversität fördern

„Ziel ist auch“, so Schönmüller, „Erhalt und Neuschaffung von Lebensräumen für Tiere, Pflanzen und Insekten.“ Seit Jahren setzt das städtische Forstamt daher auch in diesem Bereich auf naturnahe Maßnahmen und die Mitarbeitenden schaffen Tümpel im Wald, die Amphibien neue Rückzugsorte bieten, lassen Totholz bewusst liegen für Käfer und andere Insekten, schützen alte Baumriesen als Biotopbäume als Brutplätze für Fledermäuse und Spechte, schaffen blütenreiche Waldränder als Nahrungshabitat für Schmetterlinge und weisen unberührte Waldflächen als Naturwaldflächen aus, in denen die natürliche Dynamik zugelassen wird. Darüber hinaus wird auch auf landwirtschaftlichen Flächen außerhalb des Waldes aufgeforstet: Baumarten aus mediterranen Regionen wie Flaumeiche oder Hopfenbuche könnten dort künftig eine wichtige Rolle spielen. Sie werden von den Forstwissenschaftlern als resistenter gegenüber den steigenden Temperaturen und längeren Trockenzeiten eingeschätzt.

Die Gäste des Würzburger Stadtwaldes zeigten sich beeindruckt von der Vielfalt und der Wirksamkeit der vergleichsweise einfachen, aber gezielten und geplanten Maßnahmen, die für Menschen an manchen Stellen fast unsichtbar vonstattengehen.

Der Stadtwald der Stadt Würzburg umfasst ein Areal von etwa 1.000 Hektar. Zudem betreut der städtische Forstbetrieb weitere 2.000 Hektar im Landkreis in Kooperation mit der Forstbetriebsgemeinschaft Würzburg (FBG) und der Trinkwasserversorgung (TWV). Der Stadtwald liegt überwiegend in der Gemarkung Heidingsfeld und erstreckt sich südwestlich des Steinbachtals, westlich von Heidingsfeld und der Stadtgrenze, wo er in den Guttenberger Forst und den Wald bei Reichenberg übergeht. Die Fläche teilt sich in 103 Hektar Park, 815 Hektar Holzbodenfläche und 34 Hektar Wege, Wiesen und weitere Flächen. 23,5 Hektar davon sind reiner Naturwald, bewirtschaftet werden über 790 Hektar.

Auf dem Bild: Besuch im Würzburger Stadtwald mit dem Fachexperten Karl-Georg Schönmüller (re.), Leiter des städtischen Forstbetriebs: v.li: 2. Bürgermeisterin Dr. Sandra Vorlová und die beiden Bundestagsabgeordneten Dr. Anton Hofreiter und Niklas Wagener.
Foto: Steffie Leisenheimer

Comments

No comments yet. Why don’t you start the discussion?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert