BAD KÖNIGSHOFEN – Übertreiben darf man natürlich nicht. „Halb China“ weilt nur gefühlt am Samstag in Bad Königshofen. Aber es waren halt doch einige andere Zuschauer in der ausverkauften Shakehands-Arena, weil zum Tischtennis ein echter Superstar kam.
Als Olympiasieger genießt Fan Zhendong den Ruf, der beste Spieler der Welt zu sien. Seit der 1. FC Saarbrücken sich ihn für diese Saison angelte, bricht der echte Fan-Wahnsinn aus. So auch am Wochenende, als der Top-Mann anders als bei seinen überraschenden Auftakt-Niederlagen diesmal besser zurecht kam.
Fan Zhendong durfte erstam zuschauen, als sein Teamkollege Patrick Franziska, auch einer der Besseren in der Welt, den jungen Königshofener Zugang Andre Bertelsmeier locker mit 3:0 (11:8, 11:8, 11:7) wegfegte.
Dann ging´s los mit dem „Chinesen-Wahn“. Fan Zhendong ließ Filip Zeljko erst gar keine Chance (11:5 und 11:3), verlor dann aber Satz drei mit 7:11, um den vierten mit 11:6 wieder für sich zu entscheiden.
Mit Daniel Habesohn erzwang der zweite Neue der Grabfelder mit dem 3:1 (11:9, 5:11, 13:11, 11:6) gegen Eduard Ionescu ein viertes Duell des Nachmittags. Und das war dann schon ein echter Knaller.
Denn Andre Bertelsmeier gewann beim 1:3 (9:11, 11:9, 13:15, 10:12) gegen Fan Zhendong nicht nur den zweiten Durchgang, er hatte im dritten und vierten sogar Satzbälle und schrammte nur knapp an einer Sensation vorbei. Was wäre wenn… das abschließende Doppel entscheidend gespielt hätte werden müssen. Habesohn zusammen mit Bastian Steger gegen das Duo Franziska/Ionescu – wer weiß, wie das ausgegangen wäre?
So steht Bad Königshofen mit 0:4 Punkten aus einem Abstiegsplatz, muss kommenden Montag nach Fulda zu dessen Superstar Dimitrij Ovtcharov und erwartet dann am 20. und 21. September zuhause jeweils Borussia Düsseldorf. Richtig gelesen: Die Rheinländer reisen nur einmal an, bestreiten Samstag ab 16 Uhr das Pokal-Achtelfinale und Sonntag ab 15.30 Uhr die Bundesliga-Partie.
Und auch wenn Timo Boll seine Karriere beendet hat: Mit Dang Qiu, Kanak Jha und Anton Källberg hat Düsseldorf echte Topstars im Team. Kreischende junge Chinesinnen werden die allerdings sicher nicht anlocken.
Nach dem kleinen Video folgen zahlreiche Fotos. Unterhalb folgt dann noch der Bericht von Tischtennis-Insider-Reporter Rudi Dümpert mit drei weiteren Bildern.




















Der Olympiasieger Fan Zhendong setzt die Grenzen
Doch der TSV Bad Königshofenwar ganz nahe an einer Überraschung – Auch Daniel Habesohn ist angekommen
BAD KÖNIGSHOFEN – Dass der TSV Bad Königshofen unter den gegebenen Umständen in Sachen Zu- und Abgänge im Vergleich mit dem Championsleague-Sieger der letzten drei Jahre 1. FC Saarbrücken (1:3) verlieren würde, damit musste gerechnet werden. Nicht nur wegen eines Olympiasiegers und Weltmeisters Fan Zhendong bei den Gästen.
Das gab´s noch nie in der Geschichte der TTBL. Der Titelfavorit musste gereizt sein wie ein Stier in der Arena nach der 1:3-Heimpleite gegen Bergneustadt. Aber der letzte Königshöfer Heimsieg liegt weit zurück, konnte am 18. Januar mit 3:2 gegen Werder Bremen gefeiert werden.
Wer daran Zweifel hegte, musste sich nur am Vorabend die fast schon verbissene Trainingseinheit von Fan Zhendong und Patrick Franziska in der Shakehands-Arena ansehen. Während um sie herum Tribünen von zig Helfern aufgebaut wurden, um die erwarteten 920 Zuschauer unterzubringen. Der Titelfavorit war geladen, durfte nie und nimmer seine zweite Niederlage kassieren und die Konkurrenz davon eilen sehen.
Es sollte nur nicht so schnell gehen mit der zu erwartenden Niederlage. Dass es dann aber fast drei Stunden dauerte, waren drei Stunden Tischtennis-Erlebnis allererster Sahne, mitunter mit Weltklasse-Niveau. Die sensationelle Stimmung in der Arena machte das Event zum unvergesslichen Erlebnis für alle: die Spieler selber, die 570 deutschen und 350 chinesischen Zuschauenden. Von denen gefühlt 340 Frauen gewesen sein mussten, so wie sie die Szene beherrschten mit ihrem skurrilen, aber nicht einmal unsympathischen Kreischen.
Dass am Ende Saarbrücken als freilich verdienter Sieger dastand, wäre sogar zu vermeiden gewesen. Vom großen Nachwuchstalent Andre Bertelsmeier, als Nummer 1 gesetzt in seinem ersten Match, noch nicht. Die Nr. 18 der Weltrangliste Patrick Franziska hielt ihn in Schach, machte den Unterschied zwischen aktuellem und zukünftigem Nationalspieler und Medaillengewinner deutlich. Die Art und Weise, wie sich Bertelsmeier hier schon bei seiner 0:3-Niederlage aus der Affäre zog, war ehrenhaft und vielversprechend zugleich.
Da der Trainer diesmal, zum ersten Mal, Bastian Steger, unverletzt, in den Einzeln auf der Bank ließ und nur im Doppel zusammen mit Daniel Habesohn nominiert hatte, traf nun Filip Zeljko (28) auf den berühmtesten und herausragendsten Gegner seiner Karriere: auf den gleichaltrigen Grand-Slam-Sieger (Olympiasieger, Weltmeister und Worldcup-Sieger) Fan Zhendong. Bevor der nach Deutschland kam, hatte er nur gegen fünf nicht-chinesische Spieler jemals verloren. Mit Filip schien er zunächst kurzen Prozess zu machen. Hier spielte Fan so, wie er bei seinem Einstand in Saarbrücken gegen Bergneustadt spielen sollte. „Das Raumschiff schwebte“ nicht so „schwerelos“, wie es sich der Hallen-“DJ“ und die TSV-Fans gewünscht hätten.
Doch im dritten Satz war die Halle aus dem Häuschen. Zum ersten Mal war die Stimmung am Siedepunkt, aus Königshöfer Sicht. Ab 6:6 zog der Speedking aus Kroatien auf 11:7 davon. Doch „Fan Z.D.“, so die Transparente seiner Fans aus aller Welt, rückte die Verhältnisse zurecht, rehabilitierte sich für seinen misslungenen Einstand vor einer Woche und stellte auf 2:0 für Saarbrücken zur Pause: sein erster Sieg in der TTBL!
Mit zwei Niederlagen war auch Daniel Habesohn von seinem Einstand beim TSV aus Grenzau zurückgekommen und hatte nun mit dem großen rumänischen Talent Eduard Ionescu die Nagelprobe vor sich. Doch es ging nicht nur um die Bestätigung seiner Verpflichtung. Diesem Spiel kamen mehrere Bedeutungen zu. Ob er sich für die zwei Niederlagen rehabilitieren und sein Selbstbewusstsein stärken könne? Ob er sich mit einem Sieg beim Publikum würde bedanken können, das ihn unermüdlich unterstützte? Und ob er dafür sorgen könne, dass dieses Publikum noch einmal diesen Fan Z.D. im Einser-Duell gegen Bertelsmeier sehen dürfe? Habesohn lieferte! Einen Viersatz-Sieg, bei dem der dritte Satz der absolut herausragende war, den „Dany“ nach 10:6 mit dem sechsten Satzball 13:11 gewann.
Es kam also doch zum Duell Jugendmeister gegen Weltmeister. Wobei in vier Sätzen mit insgesamt 89 Bällen die Punkte mit 46:43 an den Chinesen gingen. Und womit die Nachrechnung zu dieser überragenden Partie mit Riesen-Ballwechseln eine absolute Gleichheit der Kontrahenten auswies. Wobei Bertelsmeier den zweiten Satz gewann, im dritten zwei Satzbälle vergab und im vierten noch einmal einen. Nuancen nur, die andersrum das ganze Spiel hätten kippen können. Denn bei einem möglichen Doppel wäre Fan Zuschauer gewesen.
Ergebnisse: Bertelsmeier – Franziska 0:3 (8:11/8:11/7:11), Zeljko – Fan Zhendong 1:3 (5:11/3:11/11:7/6:11), Habesohn – Ionescu 3:1 (11:9/5:11/13:11/11:6), Bertelsmeier – Fan Zhendong 1:3 (9:11/11:9/13:15/10:12) Zuschauende: 920


