BAD KISSINGEN – Die Stadt Bad Kissingen saniert ihre Kläranlage. Mit ihrem Sanierungskonzept setzt die Stadt deutschlandweit ein innovatives Zeichen: Denn die Maßnahme ist weit mehr als die Ertüchtigung eines in die Jahre gekommenen Klärwerks.
Darüber informierte Oberbürgermeister Dr. Dirk Vogel zum Start der Baumaßnahme im Rahmen eines Pressegesprächs.
Ende 2027, bis dahin soll das Gros der Arbeiten abgeschlossen sein, wird Bad Kissingens modernisierte Kläranlage CO2-neutral betrieben, unabhängig von fossilen Energieträgern und weitgehend autark von Fremdenergie arbeiten. Dies hilft auch die Abwassergebühren für die kommenden 20 Jahre zu stabilisieren, was am Ende allen Bad Kissinger Bürgerinnen und Bürgern zugutekommt.
Warum handelt die Stadt Bad Kissingen in Sachen Kläranlage?
Kläranlagen sind die großen Energiefresser in Kommunen. Die Kissinger Kläranlage beispielsweise brauchte bislang etwa so viel Energie wie umgerechnet der Stromverbrauch von rund 2800 Bürger pro Jahr. Aufgrund steigender Energiekosten gehen Kläranlagen damit zunehmend ins Geld. Einen hohen CO2-Ausstoß verursachen Kläranlagen außerdem. Eine Sanierung ist entsprechend sowohl aus ökonomischen als auch aus ökologischen Gründen auf lange Sicht sinnvoll. Die Kissinger Anlage hat 45 Jahre auf dem Buckel und gilt damit als überaltert, Bauwerke, Maschinen und E-Technik stammen aus dem Jahr 1978.
Wie viel kostet die Sanierung?
Die Stadt Bad Kissingen setzt auf eine Lösung, die zwar zunächst einiges an Investitionen nötig macht, aber letztlich Planungssicherheit, Kostensicherheit und CO2-Neutralität verspricht. Die geplanten Maßnahmen haben ein Investitionsvolumen von rund 17 Millionen Euro. Sicher ist eine Förderung von mindestens rund 5 Millionen Euro, möglicherweise auch deutlich mehr, im Bestfall rund 9 Millionen.
Was ist geplant?
Umgesetzt werden sollen einerseits Effizienzmaßnahmen, die den Wärme- und Strombedarf der Anlage reduzieren, andererseits soll der fossile Energieträger Erdgas komplett durch erneuerbare Energien ersetzt werden. Auch der Strombezug aus dem öffentlichen Stromnetz soll so weit wie möglich reduziert werden.
Wie soll das gelingen?
Auf den fossilen Energieträger Erdgas wird künftig komplett verzichtet. Die Wärme, die bislang das Erdgas im Blockheizkraftwerk sowie im Spitzenlastkessel lieferte, kommt künftig von einer Wärmepumpe.
Konkret wird dem gereinigten Abwasser im Ablauf der Kläranlage Wärme entzogen und der geplanten Wärmepumpe zugeführt. Diese hebt das Temperaturniveau mithilfe elektrischer Energie an, um Prozesswärme für das Betriebsgebäude sowie zur Beheizung der Faulbehälter bereitzustellen.
Ergänzend soll eine Photovoltaikanlage Strom erzeugen. Der Strombezug aus dem öffentlichen Stromnetz wird damit so weit wie möglich reduziert.
Ein Batteriespeicher und ein Faulgasspeicher entkoppeln Energieangebot und Energieverbrauch. Im seltenen Bedarfsfall erfolgt der Zukauf von Netzstrom.
Was passiert abgesehen von der energetischen Ertüchtigung?
Vorhandene Prozesse sollen angeglichen und der Bestand energiereduzierend saniert werden. Konkret wird beispielsweise der Faulbehälter gedämmt und die Maschinentechnik im Rechengebäude optimiert.
Was ist die große Herausforderung des Projekts?
Saniert werden muss die Kläranlage bei laufendem Betrieb und das in einem straffen Zeitplan bis Ende 2027.
Inwiefern wird die Kläranlage CO2-neutral?
Der Endenergiebedarf sinkt im Zuge der Sanierung um rund 1400 Megawattstunden pro Jahr, das ist über ein Drittel Energieeinsparnis im Vergleich zum Jetzt-Zustand. Der Kohlenstoffdioxid-Ausstoß wird sogar negativ: Durch den emissionsfreien Betrieb und die deutliche Reduzierung des Strombezugs aus dem öffentlichen Netz werden jährlich mehr als 1.000 Tonnen Kohlenstoffdioxid eingespart.
Wie entwickeln sich die Energiekosten für die Kläranlage?
Die Energiekosten reduzieren sich deutlich, während gleichzeitig die Einnahmen durch Stromeinspeisung in das Stromnetz steigen. Konkret sind das insgesamt 250.000 Euro pro Jahr an Einsparungen im Vergleich zum Jahr 2021.
Zusätzlich ist durch die hohe Selbstversorgung mit Energie eine nahezu hundertprozentige Preisstabilität für die nächsten 20 Jahre gegeben.
Wann und wie wird das Projekt der Öffentlichkeit präsentiert?
Am Sonntag, 12. Oktober, findet ein Tag der offenen Kläranlage statt. Interessierte können von 10 bis 17 Uhr die Kläranlage besichtigen und sich über die geplanten Maßnahmen informieren. Der Tag steht unter dem Motto „Vom Klärwerk zum Energiewerk“.
Auf den Bildern:
- Bad Kissingens Kläranlage von oben: Sie wird grundlegend saniert und modernisiert.
Foto: Drohnenaufnahme Marco Steinfeld/Stadt Bad Kissingen - Bad Kissingens Oberbürgermeister Dr. Dirk Vogel informierte zusammen mit dem Referatsleiter Tiefbau, Thomas Hornung, über die Sanierung der Kläranlage.
Foto: Julia Milberger

