Es gibt Tage, da reicht schon ein Wartehäuschen in Geldersheim, um sich in kafkaesken Gedankenspielen zu verlieren. Ein kaputtes Ortsschild, und schon schreibt man über die Überheblichkeit von Margetshöchheim. Ironie ist billig, Ironie ist leicht. Sie ist der kleine Schirm, den man aufspannt, wenn das Wetter im Kopf nicht stimmt.
Doch dann verliert man eine Katze. Und plötzlich sind die eigenen vier Wände keine Kulisse mehr für Witze über Bratwürste, Bruchbuden oder Dorfrivalitäten. Plötzlich sind sie zu groß, zu leer, zu still. Das Tapsen fehlt, das zufällige Rascheln im Flur, der erwartungsvolle Blick an der Tür. All das, was man für selbstverständlich hielt, ist weg. Und mit ihm verschwindet auch die Ironie. Es bleibt dieses Dröhnen der Stille. Man sitzt am Schreibtisch und versucht, wieder zu lästern, wieder lustig zu sein. Über Cola in Knetzgau, über Katapulte in Margetshöchheim. Aber der Witz verhallt. Er kommt nicht mehr zurück. Denn der Raum antwortet nicht. Er ist leer.
Und so geht man raus, irgendwohin, egal wohin. Hauptsache nicht zu Hause. Hauptsache nicht in dieser Wohnung, die plötzlich klingt wie ein Vakuum. Man setzt sich ins Café, in die Bahn, ins Auto, nur um andere Geräusche zu hören. Stimmen, Motoren, Türen. Alles ist besser als das Schweigen, das früher ein Schnurren gefüllt hat. Vielleicht ist das der Moment, in dem man merkt, dass Ironie nur funktioniert, solange man etwas hat, das einen trägt. Eine Katze, die am Fenster sitzt. Einen kleinen Schatten, der durch die Räume streift. Ohne das wird aus der Kolumne kein Text, sondern ein Alibi.
Man könnte versuchen, die eigene Trauer wieder in Satire zu kleiden. Man könnte sagen: „Die Katze war mein eigentlicher Redaktionsleiter, ich war nur der Praktikant.“ Und ja, vielleicht lächelt man kurz. Doch danach bleibt nur dieses Loch. Die Ironie verfliegt. Und zurück bleibt das Bedürfnis, aufzustehen, zu gehen, den Ort zu wechseln. Als wollte man die Stille abhängen wie einen alten Mantel. Doch egal, wohin man geht – sie läuft einem nach.
Fabian Riedner für www.mainfranken.news