Der „DenkOrt Deportationen“ in Würzburg wurde um Gepäckstücke aus dem Landkreis Rhön-Grabfeld bereichert

Der „DenkOrt Deportationen“ in Würzburg wurde um Gepäckstücke aus dem Landkreis Rhön-Grabfeld bereichert

WÜRZBURG / NORDHEIM / OBERELSBACH – Am Freitag, 27. Juni, fand die vierte Eröffnung am DenkOrt Deportationen vor dem Hauptbahnhof in Würzburg statt, an der das Denkmal um weitere 11 Gepäckstücke aus unterfränkischen Gemeinden bereichert wurde.

Jedes Gepäckstück gehört zu einer Kommune, die bis 1933 eine jüdische Gemeinde besaß. Mittlerweile sind es 99 Koffer, Rucksäcke oder Deckenrollen, die hier Platz gefunden haben und an die von den Nationalsozialisten deportierten und ermordeten Juden aus diesen Gemeinden erinnern sollen.

Benita Stolz, Initiatorin und Vorsitzende des Vereins DenkOrt Deportationen e.V. begrüßte die ca. 150 anwesenden Gäste. Es sprachen außerdem der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster, Bezirkstagspräsident Stefan Funk und Würzburgs designierter Oberbürgermeister Martin Heilig. Alle Redner betonten die besondere Bedeutung des Denkmals in diesen schwierigen Zeiten.

Das Projekt sei wichtiger denn je, da überall ein wachsender Antisemitismus und Rassismus spürbar sei. Unter den Rednern war auch Gary Katzmann, ein Nachfahre des Würzburger Juden Hanns Katzmann, der knapp der Verfolgung entkommen war. In Anwesenheit seiner eigens aus New York angereisten Familie erzählte er seine persönliche Familiengeschichte und spannte dabei immer wieder den Bogen zur aktuellen Würzburger Erinnerungsarbeit.

Zwei unterschiedlich gestaltete Koffer für die ehemaligen jüdischen Gemeinden in Nordheim v.d. R. und in Oberelsbach

An der Eröffnung nahmen auch die beiden Bürgermeister Thomas Fischer und Björn Denner der Gemeinden Nordheim v.d. R. und Oberelsbach teil. Sie beteiligen sich jeweils mit einem Kofferobjekt in Würzburg und in ihren Gemeinden, wie es das Konzept des Projektes vorsieht. Gerade mit dem zweiten vor Ort aufgestellten Kofferexemplar wird der Bezug vom Deportationsort Würzburg zum Herkunftsort der Opfer deutlich.

Die Gemeinde Nordheim v.d.R. hat sich für einen künstlerisch gestalteten Koffer entschieden. Sein Pendant wird in Nordheim in Nähe des Bahnhofs am Wohnmobilstellplatz installiert werden. Die Einweihung dieses Gedenkortes ist am 23. September vorgesehen.

Das Werkstück entstand im Rahmen eines Wettbewerbs von Schülern der Berufsfachschule für Bildhauerei in Bischofsheim. Sieger dieses Wettbewerbs wurde Moritz Rasch, Auszubildender im zweiten Lehrjahr. Seinen Koffer hat er aus Eichenbalken und aus Stahlbändern gefertigt. Er zeigt eine große Fehlstelle mit schwarzen Brandspuren. Die Brandfläche symbolisiert das schreckliche Schicksal, das die deportierten Jüdinnen und Juden in den Konzentrationslagern erleiden mussten. Auch wenn die tiefe Brandwunde in der jüdischen Geschichte immer sichtbar bleiben wird, so stehen die dort angesiedelten Sukkulenten für aufkeimende Hoffnung auf einen Neuanfang.

Der Oberelsbacher Marktgemeinderat hatte sich bereits 2018 entschlossen, an dem unterfränkischen Erinnerungsprojekt mitzumachen. Sein Beitrag ist ein schlichter Metallkoffer mit einer rostig anmutenden Oberflächengestaltung, den die Firma Adam Gilbert Metallbau aus Unterelsbach hergestellt hat. An der Schauseite befindet sich in einem Rahmen der stilisierte Umriss der ehemaligen Oberelsbacher Synagoge, in deren Mitte der Davidstern angebracht ist. Als Kontrast zur rostigen Farbe des Koffers ist die Applikation goldfarben gefasst.

Bereits Mitte Mai wurde schon der neue Gedenkort in Oberelsbach geschaffen. Man hatte einen geeigneten Platz im Ortskern gefunden, der am Fußweg der Unterelsbacher Straße gegenüber der Bayerischen Verwaltungsstelle des UNESCO-Biosphärenreservates Rhön liegt. Hier installierte die Marktgemeinde auf einem Betonsockel den Koffer und eine Informationstafel, die Auskunft über die im Nationalsozialismus aus Oberelsbach deportierten Jüdinnen und Juden gibt. In diesem Zuge wurde auch das Umfeld neugestaltet, das mit einer Sitzgruppe sowie zwei Pflanzbeeten eine Aufwertung erfuhr. So ist ein angemessener DenkOrt mit Aufenthaltsqualität in Oberelsbach entstanden, der hoffentlich viele Menschen zum Innehalten einlädt.

Für den 9. November 2025, dem Gedenktag der Reichspogromnacht, ist eine kleine Feierstunde am Oberelsbacher DenkOrt geplant. Weitere Informationen dazu folgen.

Auf den Fotos:
1: Der auf der Gedenkstätte installierte Koffer aus Nordheim v.d.R.. Foto: S. Fechter
2: Bürgermeister Fischer und Moritz Rasch, Schöpfer des künstlerisch gestalteten Koffers. S. Fechter
3: Der auf der Gedenkstätte installierte Koffer aus Oberelsbach. Foto: S. Fechter
4: Der neu gestaltete Gedenkort in Oberelsbach mit aufgestelltem Koffer und Sitzgruppe. Foto: Marktgemeinde Oberelsbach

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