„Keine Endlager durch die Hintertür“: Grafenrheinfeld trägt gesamtgesellschaftliche Verantwortung für Atommüll-Zwischenlager

„Keine Endlager durch die Hintertür“: Grafenrheinfeld trägt gesamtgesellschaftliche Verantwortung für Atommüll-Zwischenlager

GRAFENRHEINFELD – Seit Jahren übernehmen die Gemeinden, die Zwischenlager in ihren Gemarkung haben, mit der Lagerung hochradioaktiver Abfälle eine zentrale Rolle im Rückbau der Kernenergie und somit der Energiewende. Grafenrheinfelds Bürgermeister Keller wirbt zusammen mit allen ASKETA-Gemeinden für Anerkennung und langfristige Unterstützung.

In Grafenrheinfeld sind aktuell 54 Castor-Behälter mit hochradioaktivem Material eingelagert. Die Gemeinde leistet damit seit vielen Jahren einen bedeutenden Beitrag im Rahmen der Energiewende und der sicheren Verwahrung hochradioaktiver Abfälle. Eine Aufgabe, die sie gemeinsam mit 15 weiteren Kommunen trägt, in denen die Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) diese Lager betreibt. Insgesamt sind 25 Kommunen im bundesweiten Zusammenschluss der Arbeitsgemeinschaft der Standortgemeinden kerntechnischer Anlagen in Deutschland (Asketa) organisiert.

„Die Zwischenlagerung war ursprünglich als Übergangslösung gedacht – mittlerweile wissen wir, dass sie uns über Generationen hinweg begleiten wird“, sagt Bürgermeister Christian Keller. „Wir als Standortgemeinden nehmen diese Verantwortung sehr bewusst wahr. Es geht um Sicherheit, um Vertrauen in staatliche Strukturen und um die Einlösung gesamtgesellschaftlicher Verpflichtungen.“

Die Gemeinde engagiert sich innerhalb der ASKETA, die sich als konstruktiver Partner der Bundespolitik und der zuständigen Institutionen wie der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ), dem Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) und der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) versteht. Der Austausch mit diesen Stellen findet regelmäßig statt – zuletzt bei einer gemeinsamen Tagung am Standort Des ehemaligen Kernkraftwerkes Krümmel in der Stadt Geesthacht in der Nähe von Hamburg. Auch Vertreterinnen und Vertreter der Bundespolitik wie SPD-Bundestagsabgeordnete Nina Scheer oder Ulrike Täck von den Grünen haben teilgenommen.

„Der Austausch mit der Bundespolitik war sehr konstruktiv“, so Keller. „Aber es bleibt dabei: Politische Zusagen müssen sich auch in konkretem Handeln widerspiegeln. Das sind wir den Bürgerinnen und Bürgern unserer Gemeinden schuldig.“

Langfristige Verantwortung: Grafenrheinfeld übernimmt gesamtgesellschaftliche Aufgabe der sicheren Zwischenlagerung

Wie alle andere Standortkommunen sieht sich auch Grafenrheinfeld mit den langfristigen Herausforderungen der Zwischenlagerung konfrontiert. Der Rückbau des Kernkraftwerks ist bereits weit vorangeschritten – doch die Lagerung der radioaktiven Abfälle wird die Gemeinde noch viele Jahrzehnte begleiten.

Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) rechnet damit, dass frühestens zwischen 2046 und 2068 eine Entscheidung über einen Standort für ein dauerhaftes Endlager getroffen werden kann. Die Asketa hält selbst diesen Zeitrahmen für mehr als ambitioniert und spricht bereits heute von einer Endlager Suche, die sich bis ins nächste Jahrhundert ziehen könnte. Bis dahin bleibt die sichere Verwahrung in Zwischenlagern wie dem in Grafenrheinfeld unverzichtbar.

„Wir haben als Gesellschaft über Jahrzehnte an einer Lösung gearbeitet – und doch stehen wir in der Endlagersuche heute wieder am Anfang“, sagt Keller. „Die Konsequenz ist, dass das Material in unseren Gemeinden deutlich länger lagern wird als ursprünglich angekündigt. Unsere Flächen sind dadurch blockiert – auch in planerischer Hinsicht.“

Alle Standortgemeinden, so auch Grafenrheinfeld, hatten lange die Erwartung, lediglich für den Betrieb zuständig zu sein, nicht aber für die Lagerung des Rückbaus. So wurde es denn Gemeinden bei der Ansiedlung der Kernkraftwerke zugesichert.„Es war immer die Rede davon, dass wir zwar die Last der Produktion tragen, nicht aber die der Entsorgung. Heute sehen wir uns mit einer Realität konfrontiert, die anders aussieht“, erklärt Keller.

Flächen bleiben blockiert – Entwicklungsperspektiven eingeschränkt

Neben den sicherheitsrelevanten und organisatorischen Aspekten bringt die Zwischenlagerung auch konkrete Auswirkungen auf die Gemeindeentwicklung mit sich. Die betroffenen Flächen bleiben auf lange Sicht gebunden, was künftige Nutzungsmöglichkeiten für weiteres Gewerbe fundamental einschränkt.

„Wir haben Verständnis für die Notwendigkeit dieser Lagerung – gleichzeitig müssen wir auch ehrlich sagen: Das verändert unsere planerischen Spielräume und stellt uns vor Herausforderungen bei der langfristigen Entwicklung unserer Gemeinde“, so auch ASKETA-Präsident, Josef Klaus, der Bürgermeister der Gemeinde Niederaichbach bei Landshut.

Zudem sehen sich viele Standortkommunen mit strukturellen Veränderungen konfrontiert: Durch den Wegfall der Kraftwerksnutzung fehlen mittlerweile erhebliche Einnahmen, etwa aus der Gewerbesteuer. Das erschwert Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Zukunftsprojekte auf kommunaler Ebene.

Dialogbereitschaft und Gleichbehandlung als Grundlage

Die Standortgemeinden sprechen sich innerhalb der ASKETA für eine transparente, verlässliche Zusammenarbeit mit dem Bund aus – auch im Hinblick auf mögliche Unterstützungsmodelle. Dabei orientiert man sich an bereits bestehenden Regelungen in anderen Gemeinden wie Ahaus oder Gorleben, wo die Gemeinden seit Jahren Unterstützung für die Vorhaltung der Lagerflächen erhalten.

„Für uns Zwischenlager-Gemeinden ist es unumgänglich, dass endlich für Gleichbehandlung gesorgt wird. Wir erwarten die Anerkennung einer Situation, die uns aufgezwungen wurde“, sagt Keller. Entscheidend sei dabei jedoch der partnerschaftliche Dialog mit den verantwortlichen Stellen.

Denn für alle Beteiligten steht fest: Die Zwischenlager dürfen nicht schleichend zu Endlagern werden. Die Gemeinden setzen sich daher für einen verlässlichen Zeitplan bei der Endlagersuche ein – unter Wahrung höchster Sicherheitsstandards, aber mit dem Ziel, verbindliche Perspektiven zu schaffen. In den vergangenen Jahren gab es zahlreiche Gespräche in Berlin mit Politikern der Regierungsfraktionen, aber auch der Opposition. Verständnis und Unterstützung oder den ASKETA-Vertretern zugesagt. Weitere Gespräche stehen heuer noch an.

„Zwischenlager dürfen keine Endlager durch die Hintertür werden“, so Keller abschließend. „Wir erwarten keine Privilegien – aber wir wünschen uns, dass unsere Leistung gesehen, anerkannt und auf Augenhöhe mit der Politik diskutiert wird.“

Hintergrund:

Die Gemeinde Grafenrheinfeld ist Mitglied der ASKETA, in der sich bundesweit Standortkommunen kerntechnischer Anlagen zusammenschließen. Ziel ist es, die Interessen der Gemeinden konstruktiv und koordiniert in den gesellschaftlichen und politischen Diskurs zur nuklearen Entsorgung einzubringen. Die derzeitige Zahl der gelagerten Castor-Behälter in Grafenrheinfeld liegt bei 54.

Auf dem Bild: Grafenrheinfelds Bürgermeister Christian Keller, am Rande der jüngsten ASKETA-Tagung vor dem Kernkraftwerk Krümmel in der Stadt Geesthacht

Foto: Tobias Bühler
Text: Gemeinde Grafenrheinfeld

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