BAD KÖNIGSHOFEN – Tischtennis boomt in Bad Königshofen und weiträumig in der Region. Der TSV in dem kleinsten Ort mit dem vermutlich kleinsten Etat der Bundesliga TTBL ist der Inbegriff einer funktionierenden Mannschaft: Mit einer funktionierenden Abteilung und Helferschar. Gepuscht von einem euphorisierten, aber nicht fordernden Publikum.
Das zum Beispiel beim, dachte man, alles entscheidenden Spiel gegen Saarbrücken bis jeweils zum letzten Ballwechsel aufmunternden Beifall spendete. Das die Devise „kann, muss nicht“ mit trägt, weil es das Erreichte in der zweitbesten Liga der Welt zu schätzen weiß. Ebenso, dass sich die Sportler mit dem Klub und der Stadt identifizieren und ihr Bestes und Letztes geben.
Zum zweiten Mal hintereinander hat der Bundesligist einen Platz unter den Top 4 erreicht und damit das Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft, das im Play-Off-Format „Best of three“ ausgetragen wird. Heißt, wer zwei von drei möglichen Spielen gewinnt, steht im Finale, das am 15. Juni um 13 Uhr in der Frankfurter Süwag Energie Arena ausgetragen wird – in den letzten Jahren vor jeweils über 3000 Zuschauern.
Aus dem Weg bis dorthin ist vielleicht ein zu schwerer Brocken zu räumen. Wie am Ende der vergangenen Saison haben es die Königshöfer mit dem Primus des deutschen Tischtennis-Mannschaftssports, dem 34-fachen Deutschen Meister Borussia Düsseldorf zu tun. Im Vorjahr als Dritter gegen den Zweiten, diesmal als Vierter gegen den Ersten. Auftakt ist diesen Freitag um 19 Uhr in der Bad Königshöfer Shakehands-Arena, von der die 745 Sitzplätze nur 35 Stunden nach Bekanntwerden des Termins ausverkauft waren. Infos über noch verfügbare Stehplätze gibt es in der Geschäftsstelle. Das Rückspiel findet zwischen am 27. April in Düsseldorf statt. Bei Gleichstand, jeder mit einem Sieg, egal in welcher Höhe, gibt es am 29. April ein Entscheidungsspiel in Düsseldorf.
Alles wie gehabt vor einem Jahr? In der Tat gewannen damals die Königshöfer ihr Heimspiel und zwar in derselben Aufstellung wie diesmal mit Jin Ueda, Bastian Steger, Filip Zeljko und Martin Allegro. Dabei schien am 29. März gegen 20.30 Uhr der Traum von der abermaligen Play-Off-Teilnahme schon ausgeträumt. In zwei Heimspielen hintereinander zum Saison-Ausklang hatte man die Möglichkeit verpasst, den entscheidenden Play-Off-Matchball zu verwandeln. Zuerst gegen den ASC Grünwettersbach (1:3), dann gegen den Champions League Sieger 1. FC Saarbrücken (0:3).
Deshalb nahm man die Verabschiedungen dreier Spieler vor, von denen zwei auf einmal doch nicht ihr letztes Spiel absolviert hatten. Die Tragik von Kilian Orts Karriere-Ende ist ja hinlänglich bekannt. Doch Jin Ueda, der nach Japan zurückkehrt, und Martin Allegro, der nach Grenzau wechselt, müssen nun doch noch zwei, wenn nicht gar drei Mal ran. Der Grund: Der alte Rivale Post SV Mühlhausen hat zeitgleich mit den Königshöfern aber mit wesentlich späterem Ende deren Konkurrenten um Platz 4 TTC Fulda-Maberzell mit 3:2 besiegt und dadurch den TSV doch noch in die Play-Offs gehievt. Entscheidenden Anteil hatte Königshofens Neuzugang Daniel Habesohn im Schlussdoppel. Die Art und Weise, wie dies in der Shakehands-Arena von gut der Hälfte der zuvor 821 Zuschauenden unten auf dem Hallenparkett beim Public Viewing vor der Videowand miterlebt wurde, hatte epische Züge. Die Feier danach, in der man den Post SV in Abwesenheit hochleben ließ, ebenso.
Bei Jin Ueda schlugen vermutlich zwei Herzen in seiner Brust: Das für den TSV und das für seine Familie, die bereits seit vier Wochen in Japan ist. Da ihre Wohnung in Bad Königshofen gekündigt ist und zu räumen war, lebt er zurzeit im Schlundhaus.
Der TSV und Verabschiedungen: Das ist ein besonders Thema diese Saison. Ein weiterer Spieler dieser Begegnung wurde bereits am 9. Februar an selber Stelle in Bad Königshofen verabschiedet. Timo Boll bestreitet ja bekanntlich seine Abschieds-Saison und erfuhr anlässlich jenes Rückrundenspiels eine Verabschiedung samt Laudatio, Blumen und Präsent, wie sie ein Sportler in der Arena des Gegners vielleicht noch nie erlebt hat. Ihm wurde sogar „verziehen“, von manchen vielleicht sogar vergönnt, dass er gegen den Lokalmatador Bastian Steger nach 0:2-Satz-Rückstand doch noch 3:2 gewann. Dass er noch einmal als Aktiver und nicht nur als Wohnmobilist in die Badestadt kommen würde, war so unwahrscheinlich damals auch wieder nicht. Vielleicht ergibt ja der Aufstellungspoker sogar einen direkten Revanchekampf der beiden 44-Jährigen.
„Wir sind klarer Außenseiter“, gibt sich Steger realistisch. „Das waren wir aber vor einem Jahr auch und haben dennoch gewonnen. Wir setzen auf den Heimvorteil, denn Düässeldorf spielt nicht ganz so gerne in Bad Königshofen. Mit den Fans im Rücken können wir vielleicht doch wieder die Sensation schaffen. Der größere Druck liegt ganz klar bei der Borussia.“ Am Freitag, 11.04., ab 19 Uhr in der rappelvollen Shakehandsarena.
Text und Fotos: Rudi Dümpert für www.mainfranken.news


