Tischtennis-Hochburg blieb uneinnehmbare Festung: Warum der TSV Bad Königshofen zum zweiten Mal binnen sechs Wochen 3:2 gegen Werder Bremen gewann

BAD KÖNIGSHOFEN – Als die Fans nach dreieinhalb Stunden Hochleistungs-Tischtennis den Erlebnis-Park Shakehands-Arena verließen, gingen ihnen wieder mal die Superlative aus. Sie hatten soeben den sechsten Sieg (3:2) im siebten Heimspiel des TSV Bad Königshofen erlebt, obwohl dieser mehr als sonst auf der Kippe stand.

Der SV Werder Bremen, eine äußerst faire, ehrliche und sympathische Mannschaft, musste sich am Ende geschlagen geben. Selten wäre ein Unentschieden, im TTBL-Dreier-System aber nicht möglich, gerechter gewesen. Bayerns Tischtennis-Hochburg Bad Königshofen erwies sich nach einer Achterbahnfahrt der Gefühle wieder einmal als uneinnehmbare Festung.

Erneut war in der ausgeglichen besetzten TSV-Truppe Jin Ueda mit zwei Einzelsiegen der Unterschied-Macher. Bei Bremen sollte es der Einzel-Vizeweltmeister 2019 und Doppel-Weltmeister 2022 Mattias Falck sein. Doch Werder-Trainer Cristian Tamas hatte sich mit seiner Aufstellung, Falck auf Position 3, ähnlich verzockt wie zuletzt Fuldas Meng mit jener von Ovtcharov auf 2. Es muss am Respekt vor den Königshöfern liegen, seine eigenen Stärken zu hinterfragen. Das Gesamtpaket TSV war letztlich erfolgreicher geschnürt. Wie schon im Hinspiel mit demselben Ergebnis, entschied das Schlussdoppel die Augenhöhe-Partie mit insgesamt 12:10 Sätzen und 204:197 Bällen für den TSV. Als Bastian Steger und Martin Allegro den Matchball verwandelten, gab es kein Halten mehr.

Natürlich ging der zuletzt so überragend aufspielende Jin Ueda an eins als Favorit ins Eröffnungs-Einzel gegen Marcelo Aguirre. Dabei sorgte der Nationalspieler von Paraguay mit einer Fairplay-Aktion in einem ganz wichtigen Moment für die Grundstimmung des Abends in der Arena: immer sportlich und voller Respekt vor der Leistung, egal ob Freund oder Feind. Bei 9:8 für ihn im dritten Satz korrigierte er von sich aus eine Entscheidung zugunsten von Ueda. Er überzeugte den Schiedsrichter, dass der Ball auf seiner Seite die Kante noch berührt habe. Statt 10:8 für ihn stand es dadurch 9:9 und Sekunden später hatte er das Spiel verloren. Hut ab, Marcelo! 1:0 für den TSV.

Zwei Akteure mit hoch-positiver Bilanz gingen ins zweite Einzel. Bastian Steger verlor es zwar gegen den Kasachen Kirill Gerassimenko mit 9:11 im fünften Satz. Es fühlte sich aber, auf lange Sicht betrachtet, wie ein Sieg an bei seinem zweiten Spiel nach dem Fingerbruch im Dezember. Er selber rückte seine Verletzung in den Hintergrund: „Es ist wieder alles gut. Ich trainiere normal mit, habe keine Schmerzen und fühle mich auch nicht irgendwie blockiert. Das eine oder andere funktioniert noch nicht ganz, aber das wird wieder. Ich habe mich gut gefühlt gegen Gerassimenko. Er ist ein absoluter Top-Spieler. Am Ende waren es ein paar Bälle, die den Unterschied gemacht haben.“ 1:1 zur Pause.

Und nun Filip Zeljko an 3 gegen Bremens Frontmann Mattias Falck. Er enttäuschte keineswegs, konnte aber Falck, der vielleicht in der Form seines Lebens spielt, nicht wirklich gefährden. Als Filip 0:2 Sätze hinten lag, munterte ihn auch der Diskjockey auf mit „Steh´auf, wenn du am Boden bist“ von den Toten Hosen. Zu einem 11:8 im dritten Satz reichte es. Doch im vierten war der auch sportlich überragende Riese aus Schweden wieder klar der Chef im Ring. Härtere Schläge aus der Halbdistanz hat man in dieser Halle selten gesehen. Dass er sich mehrfach am Boden liegend wiederfand, lag auch an seiner enthusiastischen Spielweise, für die auch er als Gast viel Beifall und Bewunderung erntete. 1:2 für Bremen.

Um eine Niederlage abzuwenden, mussten also noch zwei TSV-Siege her. Jin Ueda lieferte den ersten gegen Gerassimenko. Ob jener Diskjockey mit „Take me home“ von John Denver auf Uedas Rückkehr nach Japan anspielte? Seine Konzentration störte es nicht. Seine Motivation, für den TSV bis dahin noch möglichst oft zu gewinnen, war trotz Tiefs und Hochs kaum zu übertreffen. Dass das Mentalitäts-Monster nun auch das Taktik-Monster herauskehrte, brachte ihm den 5-Satz-Sieg ein – und das Gesamt-2:2.

Dass danach Steger/Allegro gegen den Doppel-Weltmeister Falck und Aguirre das Doppel gewinnen konnten, lag auch daran, dass überragende Einzelspieler wie Ovtcharov und Falck manchmal im Doppel ihre Qualitäten nicht so zur Entfaltung bringen können. Der Sieg stand aber mehrmals auf wackligen Beinen.

Besonders im dritten der fünf Sätze bei 1:6-Rückstand, der aber noch mit 11:9 gewonnen wurde: Mit einem Netzroller zum elften Punkt, der nicht wusste, ob er hinüber kippen oder herüben bleiben soll. Als Ultima Ratio sollten Taktik, Kampfgeist und Mentalität aber nicht den Ausschlag geben, weil alle vier davon gleich viel hatten. Es war auch ein Schnippchen Glück.

Tischtennis-Bundesliga: TSV Bad Königshofen – SV Werder Bremen: 3:2

Jin Ueda – Marcelo Aguirre 3:0 (11:8/11:5/11:9) Bastian Steger – Kirill Gerassimenko 2:3 (11:7/9:11/12:10/7:11/9:11) Filip Zeljko – Mattias Falck 1:3 (4:11/6:11/11:8/5:11) Ueda – Gerassimenko 3:2 (11:6/8:11/11:7/9:11/11:2) Steger/Allegro – Falck/Aguirre 3:2 (11:8/9:11/11:9/5:11/11:8) Zuschauende: 500

Text und Foto: Rudi Dümpert für www.mainfranken.news

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