BAD KÖNIGSHOFEN – Ein Hotspot im deutschen Tischtennis sei der TSV Bad Königshofen, verbreitete das Spartenportal DYN nach dem TSV-Sieg beim Champions-League-Sieger 1. FC Saarbrücken und vor dem bei Werder Bremen. Da war noch nicht einmal bekannt, dass sein Leitwolf Bastian Steger wegen eines Fingerbruchs in diesem Jahr gar nicht mehr würde eingreifen können.
Dann folgte der bemerkenswerte Auftritt gegen Düsseldorf in Würzburg. Und eine Steigerung gab´s noch einmal am Samstag beim 3:1-Heimsieg gegen Schwalbe Bergneustadt, den unmittelbaren Konkurrenten um einen erneuten Play-off-Platz auch in dieser Runde.
Was war das denn für eine Spannung, was für ein Kampf in 320 Ballwechseln (163:157). Ein passendes Weihnachtsgeschenk an die Fans und sich selber, ein gelungener Abschluss des erfolgreichsten Jahres in der Vereinsgeschichte, ein weiterer Schritt Richtung Play-off-Halbfinale. Oder doch nur weitere zwei Punkte für den Klassenerhalt? Die zur Shakehands-Arena herausgeputzte Schulturnhalle war exakt drei Stunden lang Tatort eines Tischtennis-Krimis auf höchstem Niveau. Der in vielen Momenten, mit Emotionen pur, nahe dran war, einen anderen Täter als Sieger zu ermitteln. Bei dem Weniges vorherzusagen war und Vieles sich anders entwickelte als angenommen von den 540 Zuschauerinnen und Zuschauern.
Vielleicht war auch die veränderte Aufstellung beim TSV, dem Steger ebenso fehlte wie den „Schwalben“ Kanak Jha, ein ausschlaggebender Volltreffer. Endlich durfte Jin Ueda, zur Zeit in Topverfassung und mit der besten Bilanz (7:4), an Position eins ran. Womit er zwar für ein mögliches Entscheidungsdoppel ausfiel, dieses sogar selber mit zwei Einzelsiegen, gegen Ruiz und den Vize-Europameister 2024 Benedikt Duda, verhinderte. Und damit die Frage beantwortete, wer von den beiden Einsern mit zwei Punkten Mann des Abends würde: Jin Ueda!
Der Königshöfer Japaner sorgte eingangs für die Führung durch seinen Pflichtsieg gegen den Franzosen Romain Ruiz, der diese Runde immerhin schon Calderano und Boll geschlagen hat. In Sachen Spannung waren beide die Türöffner mit 12:10 gleich im ersten Satz. Dann machten Uedas Erfahrung, Routine, aber auch Qualität den Unterschied – 1:0 für den TSV. Dass Martin Allegro nach seinen Siegen in Bremen gegen Putuntica und in Würzburg gegen Boll auch den aktuellen Vize-Europameister, die Nr. 18 der Welt, schlagen würde, erwartete eigentlich niemand von ihm. Nach vergebenem Satzball im ersten Durchgang wurde es auch eine klare Sache – 1:1 zur Pause.
Nun stand das Schlüsselspiel des Tages an. Würde Filip Zeljko den Schlüssel finden, um gegen den Belgier Rassenfosse die Tür zum Erfolg zu öffnen? Was folgte, war kein Spiel, sondern eine Offensiv-Schlacht mit offenem Visier beiderseits. Nach Zeljkos 11:6 im ersten Satz wurde die Arena mit „We will, we will rock you“ beschallt, von den Fans allerdings umgedichtet in „Filip, Filip Zeljko“. Doch der kroatische, nach neun Jahren beim TSV „Fast-Königshöfer“ rockte nicht, sondern verzockte die nächsten zwei Sätze (11:13/8:11). Seine Vorhand, vor allem beim Aufschlag, ist ja eine Waffe für die Offensive, seine tiefe, offene Vorhand-Ecke in der Defensive dagegen die reinste Fallgrube: 1:2-Satz-Rückstand.
Doch dann mutierte Filip zum Mentalitäts-Monster, riss die Sätze vier und fünf mit dem Rekord-Satzergebnis in dieser Halle (19:17) nach Abwehr eines Matchballs (9:10) und acht eigenen Satzbällen sowie 14:12 nach fünf weiteren Matchbällen im fünften nach exakt 61 Minuten an sich – 2:1 für den TSV. Womit die Tür zum vierten Sieg hintereinander gegen Bergneustadt aber nicht einmal gefühlt offen stand, weil dieser Teufelskerl Benedikt Duda zwischen den Pfosten war und Ueda den Durchlass verwehrte. Womit der Tischtennis-Wahnsinn seine Fortsetzung nahm. Gleich im ersten Satz sogar, den Duda mit 10:12 an Land zog, den zweiten sogar mit 7:11. Dabei schien Ueda bis hierher schon sein Maximum an Qualität angeboten zu haben, eine Steigerung nicht möglich zu sein.
Doch Jin arbeitete beharrlich an seinem zugleich Weihnachts- und Abschiedsgeschenk an Bad Königshofen. Er holte den dritten Satz mit seinem vierten Satzball zum 12:10, den vierten mit 11:5 und den fünften mit 11:8. Was war das denn für ein Sport-Spektakulum! Dieser Jin Ueda (32), den nicht einmal der Vize-Europameister aufhalten konnte, den dem Vernehmen nach das Heimweh zurück in seine Heimat zieht: Muss man den denn nicht davon abhalten, seine aktive Karriere so frühzeitig zu beenden und in Japan in die Trainerbox zu wechseln? Oder schaffen es die Fans, die, weil sich Play-Offs in keine Melodie pressen lässt, euphorisch skandierten: „Deutscher Meister wird nur der TSV …“
Tischtennis-Bundesliga: TSV Bad Königshofen – TTC Schwalbe Bergneustadt 3:1
Jin Ueda – Romain Ruiz 3:0
(12:10/11:1/11:7)
Martin Allegro – Benedikt Duda 0:3
(10:12/1:11/4:11)
Filip Zeljko – Adrien Rassenfosse 3:2
(11:6/11:13/8:11/19:17/14:12)
Ueda – Duda 3:2
(10:12/7:11/12:10/11:5/11:8)
Zuschauer: 540
Text und Fotos: Rudi Dümpert für www.mainfranken.news