VOLKACH – Wie sieht der Arbeitstag eines Bischofs aus? Welche Musik hört er? Und wie wird man eigentlich Bischof? Bei seinem Besuch in der Mädchenrealschule der Stiftung der Dillinger Franziskanerinnen Volkach (Landkreis Kitzingen) erhielt Bischof Dr. Franz Jung nicht nur Einblick in den Schulalltag, sondern beantwortete auch viele Fragen der Schülerinnen.
Er habe einen sehr guten Eindruck bekommen, lautete das Fazit des Bischofs. „Es ist ein geschützter Ort, an dem die Schülerinnen sich wohlfühlen und gegenseitig motivieren. Es ist ein schönes Miteinander.“
Geführt von den Schülersprecherinnen Melissa Hürriyetoglu (8a), Vincy Simolli (9b) und Lena Hogen (10b), erkundete der Bischof das Schulhaus. Gleich die erste Station war eine Besonderheit der Schule: Das Fach MRS wird seit dem Schuljahr 2023/24 für die fünften Klassen angeboten. Die Abkürzung stehe für „miteinander respektvoll und selbstbewusst werden“, erklärte Lehrerin Kerstin Hertle. An diesem Tag stand eine Herausforderung auf dem Programm: Beim Spiel „Moorpfad“ sollten sich die Mädchen mit Hilfe von Teppichfliesen einen Weg zur Tür des Klassenzimmers bahnen. Wer fehltrat, „versank“ im Moor und musste mit verbundenen Augen weitermachen, und nicht benutzte Fliesen nahm Hertle sofort aus dem Spiel. Nach den ersten Schreckmomenten hatten sich die Mädchen bald organisiert. Frei gewordene Teppichfliesen wurden weitergereicht, und in einer langen Reihe arbeiteten sie sich langsam zur Tür vor.
Im Biologieraum lief gerade eine Geschichtsstunde – dank Smartboard und Tablets kein Problem. Bischof Jung fragte die Zehntklässlerinnen nach ihren Zukunftsplänen. Ein Mädchen hatte schon seinen Ausbildungsvertrag unterschrieben: „Ich werde medizinisch-technische Fachangestellte!“ Sehr viele wollten weiterlernen. Im Vergleich mit anderen Realschulen sei der Anteil der Schülerinnen, die Abitur machen wollen, hoch, erfuhr der Bischof später von stellvertretender Schulleiterin Hanna Lex. In der Schulküche duftete es verlockend nach Kürbissuppe, und Schülerinnen füllten Zucchini mit einer Mischung aus Feta und Walnüssen – Vorbereitungen für ein Drei-Gänge-Menü für den Besuch aus Würzburg. Kurz ging es noch in die Turnhalle, den Physikraum und schließlich in die Aula mit der kleinen Theaterbühne.
Auf seinem Weg durch das Schulhaus wurde Bischof Jung mehrfach für den Instagram-Account der Schule interviewt. Ein Team der achten Klassen machte den Anfang. Welche Musik er gerne höre? „Keinen Hardrock“, erfuhren sie, sonst aber so ziemlich alles von Klassik bis Pop. Hobbys? Wenn er Zeit habe, lese und zeichne er gerne, erzählte der Bischof. „Ich spiele auch Querflöte, aber ich komme wenig dazu.“ Lieblingsplätzchen? „Zimtsterne. Und Kokosmakronen.“ Im Gespräch mit einem Team der zehnten Klassen erzählte Bischof Jung, dass Bischof kein Beruf sei, auf den man sich bewerben könne, sondern dass man ernannt werde. Dass jeder Arbeitstag anders sei. Ob er es vermisse, keine Familie zu haben? „Ich habe mich bei der Priesterweihe bewusst dafür entschieden, diesen Weg zu gehen. Er macht mir Freude und erfüllt mich.“
Beim Austausch mit dem Lehrerkollegium erfuhr Bischof Jung, dass Eltern ihre Mädchen bewusst auf die Mädchenrealschule schicken. Viele der Mütter seien selbst ehemalige Schülerinnen. „Es ist ein Schutzraum, in dem sich die Mädchen frei entwickeln können“, war zu hören. Religiöse Vorbildung sei zwar nicht mehr selbstverständlich, erklärte Diakon Stephan Kleinhenz. Aber es sei den Mädchen sehr wichtig, Traditionen wie den Martinstag zu leben. Alle sechs Jahre fahre die ganze Schule nach Rom. Eine Präsentation zeigte Bilder von fröhlichen Schülerinnen, die gemeinsam die Stadt erkunden oder an einer Papstaudienz teilnehmen. Hervorgehoben wurde auch die Nähe zum Kloster Sankt Maria der Schwestern. „Es sei eine Bereicherung“, sagte eine Lehrerin. Die Schwestern würden auch in den Religionsunterricht mit einbezogen und bei Bedarf bei der Betreuung helfen.
„Für uns als Stadt ist die Realschule ein wichtiges Standbein“, sagte Anja Hirt, Mitglied im Stiftungsrat. Die Schule habe einen sehr guten Ruf. „Unsere Mädchen werden von den Arbeitgebern sehr gerne genommen.“ Für die Eltern sei wichtig, dass der Mensch immer im Vordergrund stehe. Ein Problem stelle jedoch die sinkende Geburtenrate in Deutschland dar. Derzeit besuchen 270 Mädchen die Schule, die Schülerinnen kämen aus den Landkreisen Würzburg, Schweinfurt und Kitzingen, sagte stellvertretende Schulleiterin Lex. Doch stehe die Schule in Konkurrenz mit den Staatlichen Realschulen in Dettelbach und Gerolzhofen sowie den Realschulen in Kitzingen und Gaibach, erklärte Provinzoberin Schwester Martina Schmidt, Vorsitzende des Stiftungsrats. Juliane Böhm, Mitglied der Schulleitung, ergänzte, dass die Busanbindung nach Volkach nicht optimal sei – auch das ein wichtiger Punkt für Eltern.
Katholische Schulen seien wichtig, um Jugendliche in Kontakt mit der katholischen Kirche zu bringen, appellierte Schwester Kunigild Steer, ebenfalls Mitglied im Stiftungsrat, beim anschließenden Gespräch im Konvent an Bischof Jung. Auch die Schwestern hoben die gute Arbeit an der Schule hervor, die bei aktuellen Entwicklungen wie beispielsweise den ersten Computern immer „vornedran“ gewesen sei. Elternbeiratsvorsitzende Birgit Nicola fasste es kurz und prägnant zusammen: „Es ist nicht einfach nur Schule. Es ist Lernen fürs Leben.“
Zum Auftakt seines Besuchs feierte Bischof Jung mit Diakon Kleinhenz und den Schülerinnen eine Morgenandacht in der Schulkapelle. Die Martinszüge mit ihren bunten Laternen seien ein Zeichen, dass die Menschen den heiligen Martin als Lichtblick in dunklen Zeiten wahrgenommen hätten, sagte der Bischof. An der Geschichte des heiligen Martin könne man für das eigene Leben lernen. „Gott hatte diesen Bettler für Martin aufbewahrt“, erklärte Bischof Jung. „Wen hat Gott für mich aufbewahrt? Welchen Menschen, an dem die anderen vorbeigehen, um den sie sich nicht kümmern?“ Nachdem Martin seinen Mantel geteilt habe, sei er von den anderen ausgelacht worden, fuhr der Bischof fort.
„Wenn man etwas Gutes tut für Jesus Christus, kann man sich lächerlich machen. Davor sollten wir keine Angst haben.“ Es werde auch erzählt, dass Martin noch gar kein Christ gewesen sei, sondern sich auf die Taufe vorbereitet habe. Doch wer etwas für die Ärmsten tue, der tue es für Jesus, erläuterte der Bischof und schloss: „Diese drei Dinge aus der Martinsgeschichte sind mit persönlich kostbar und wichtig.“ Bei den Fürbitten stellten die Schülerinnen brennende Teelichter auf den Altar. Zum Abschluss segnete der Bischof Plätzchen in Form von Martinsgänschen, die an die Schülerinnen verteilt wurden.
Stichwort: Mädchenrealschule der Stiftung der Dillinger Franziskanerinnen Volkach
Die Mädchenrealschule Volkach ist eine staatlich anerkannte Realschule der Stiftung der Dillinger Franziskanerinnen Volkach, zu der auch der Hort Volkach sowie der Familienstützpunkt gehören. Aktuell zählt die Schule insgesamt 270 Schülerinnen in zwölf Klassen, die von 25 Lehrerinnen und Lehrern unterrichtet werden. Ab der siebten Klasse werden die Profilfächer Betriebswirtschaftslehre/ Rechnungswesen, Ernährung/Gesundheit sowie Französisch angeboten. Zudem gibt es ein umfangreiches Angebot an Wahlfächern: Sport und Kunst, Chor, Theater- und Musicalgruppen, ein Fairtrade-Team, den Schulsanitätsdienst sowie für die fünften und sechsten Klassen einen MINT-Kurs (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik).
Besondere Ereignisse im Jahreslauf sind beispielsweise der Franziskustag am 3. Oktober, Adventsbesinnungen für die ganze Schule, Taizé-Andachten oder die Beteiligung an der Volkacher Weihnachtsstraße. Ein besonders Ereignis findet alle sechs Jahre statt: Die ganze Schulfamilie fährt gemeinsam nach Rom. Auch auf Instagram ist die Schule zu finden: Auf dem Account @mrs_volkach gibt es Einblicke in das Schulleben, und der Account @schoolitics (Politik von Schülerinnen für Schüler*innen) wurde sogar mit dem Unterfränkischen Realschulpreis ausgezeichnet.
Mehr Informationen gibt es auf der Homepage der Schule unter https://mrsvo.de/.
Fotos © Kerstin Schmeiser-Weiß (POW)